Zur aktuellen Situation

Die aktuelle Situation zwingt uns gerade alle zu Einschränkungen. Läden müssen vorübergehend schließen, Betriebe erleben Einschnitte und auch Vereine können aufgrund der Maßnahmen ihre Tätigkeiten nicht ausüben. All jene, die mittelbar und/oder unmittelbar mit der Bergbaukultur Geld verdienen, sind aktuell mehr oder weniger zum Stillstand verdammt. Für die Tourismusbranche kommt das einer Zäsur gleich.

Auch dieses Projekt muss mit Einschnitten in seiner Ausführung umgehen. Normalerweise wäre erste Besuche im Sächsischen Staatsarchiv geplant gewesen. Das ist verschoben, die Archive sind zu. Freie Recherche und unkomplizierte Literaturrecherche sind ebenso nicht möglich. Allerdings muss an dieser Stelle auch erwähnt werden, dass „Hamsterkäufe“ unter Wissenschaftlern vor Inkrafttreten der Einschränkungen eintraten: der Bücherstapel wuchs dank der möglichen Ausleihe dennoch erheblich an. Eine Bearbeitung der Dissertation ist somit möglich.

Auch die Öffnung von Online-Beständen erleichtert die Arbeit. Der Digitalisierung sei Dank. Langeweile kommt im Homeoffice nicht auf.

Was viel mehr Ernüchterung einziehen lässt, ist die Tatsache, dass die ab März 2020 geplanten Fahrten durchs Erzgebirge und somit die Besuche bei Vereinen, Besucherbergwerken und Museen erst einmal ausbleiben bzw. bis auf weiteres verschoben werden müssen. Das ist schade, da ich gern mit Aktiven und Interessierten ins Gespräch gekommen wäre. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Allerdings bin ich am überlegen, dies in anderer Form zu machen. Gern auch über Instagram und Facebook.

A

Im Folgenden jene Begriffe unter dem Buchstaben A

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Buchbesprechung: „Glück auf! Der Steiger kommt.“

Hier findet Ihr die Verschriftlichung der Podcastfolge: Buchbesprechung: „Glück auf! Der Steiger kommt.“
Ich möchte damit auch jenen die Möglichkeit geben, dem Text zu folge, die eine Beeinträchtigung beim Hören haben oder keine Möglichkeit besitzen, die Folge zu hören.

Diese Podcastfolge bespricht das Buch „Glück auf! Der Steiger kommt.“ Allerlei zur Geschichte und Bedeutung eines sächsischen Volksliedes., geschrieben von Heino Neuber, herausgegeben vom Sächsischen Landesverband der Bergmanns-, Hütten- und Knappenvereine e.V.

Näheres dazu: https://knappenverein.de/glueck-auf-der-steiger-kommt-spannender-streifzug-zur-heimlichen-hymne-des-erzgebirges-erschienen/

Text:

„Überblickt man die Gesamtüberlieferung, so kann kein Zweifel bestehen, daß dem sogenannten ‚Steigerlied‘ Glückauf, Glückauf, der Steiger kommt eine besondere Bedeutung zukommt und es als DAS Bergmannslied Gültigkeit hat. Was die Menge und weiträumige Verbreitung seiner Belange, die aktive Wirksamkeit und Lebenskraft anbetrifft, steht es mit großem Abstand an der Spitze aller Bergmannslieder. […] Andererseits ist es auch unter den Bergmannsliedern das eigentliche ‚Volkslied‘ mit allen Merkmalen, die von der Forschung dafür als kennzeichnend erarbeitet worden sind, als ein wirklich lebendiges, dem Fühlen und Denken, der Sprachweise und Singform breiter Volkskreise entsprechendes Lied.“[1]

Hallo und Glück auf zu einer neuen Folge des Bergbau.KulTour-Podcasts. Wie einführend schon gehört geht es heute um das „sogenannte Steigerlied“, so wie es auch vom eben zitierten Sozial- und Kulturwissenschaftlers Gerhard Heilfurth benannt wurde.

Und da sind wir auch gleich schon drin im Thema. Das Zitat eröffnet auch das heute hier zu besprechende Buch „„Glück auf Der Steiger kommt.“ Allerlei zur Geschichte und Bedeutung eines sächsischen Volksliedes“ geschrieben von Heino Neuber. Herausgegeben vom Sächsischen Landesverband der Bergmanns- Hütten und Knappenvereine e.V. als ersten Band der Schriftenreihe zum Sächsischen Berg- und Hüttenwesen.

Ein kompaktes, 116 Seiten starkes Buch über die Geschichte eben jenes Liedes, dass zurecht als ein Wahrzeichen der Bergbaukultur herzunehmen ist.

Selbst wenn man sich mit dem Bergbau und seiner Kultur eher nicht beschäftigt, ist es den meisten Menschen in Auszügen bekannt. Das kann man, glaube ich, schon so behaupten.

Anschub für dieses Buch war die Einbringung eines Antrags des Ruhrkohle Musik e.V., das Lied ‚Glückauf der Steiger kommt‘ in das bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes eintragen zu lassen. Der Sächsische Landesverband hat sich in diesem Zuge an den Verein gewandt, um -sagen wir mal, den Wunsch zu äußern, man hätte das doch gemeinsam einbringen sollen. Auf die Thematik gehe ich jetzt auch nicht weiter ein. Zusammenfassend ist der Umstand im Auftakt des Buches auch noch einmal kurz umrissen.
Fakt ist, das Lied ist aktuell lediglich im Landesinventar des Landes Nordrhein-Westfalen eingetragen.[2] Ein gemeinsames Antragsverfahren zur Eintragung ins bundesdeutsche Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes ist nun im Werden.

Aber warum ist es mir so wichtig dieses Buch hier einmal zu thematisieren?
Nun, zum einen ist dieses recht frische Werk gut geeignet ein praktisches Thema der Bergbaukultur einmal näher zu betrachten. Zum anderen sei an jene Geschichtsinteressierte der Hinweis gegeben:
Zögert nicht, euch auch einmal solchen Dingen zuzuwenden. Das mag der eine oder die andere als Nischenthema betrachten, aber genau das macht es gerade interessant. Landesgeschichte kann durch solche Themen frisch und lässig werden, wenn man sie mal durch eine andere Perspektive betrachtet. Das Buch bietet jetzt keine spezifische Popkulturforschung, doch mit dem nötigen Rüstzeug wäre auch das möglich.[3] Darauf will ich jetzt aber gar nicht hinaus.

Was ich damit sagen will: Öffnet euch ruhig auch nicht offensichtlichen Themen, weil es vielleicht auf den ersten Blick nicht so interessant wirkt.
Und ja, ich spreche das jetzt mal konkret an, denn hier geht es um ein – ja sagen wir es, wie es ist, vermeintlich „sächsisches Volkslied“. An dieser Stelle, ohne das jetzt wertend zu meinen, verwechselt das bitte nicht der allgemeinen subjektiven Vorstellung von Volksmusik oder volkstümlichen Musik. Diese Vorstellung bzw. die Scheuklappen schon einmal ablegen. Da hat man gleich erst einmal eine Blockade im Kopf oder gar eine gewisse Abwehrhaltung. Das hindert nur.

Im Buch wird das Volkslied als Begriff im Übrigen eher mit „ein im Volke lebendiges Lied[4] umrissen. Ehe ich mich hier allerdings in Begriffsdefinitionen verfahre, rudere ich kurz zum Ausgangpunkt zurück.

Schlagen wir das Buch einmal auf und schauen genauer rein.

Wie bereits gesagt: Der Umfang beläuft sich auf 116 Seiten: eingeteilt in elf Kapitel zuzüglich des Auftakts und der als Einstimmung betitelten Einleitung sowie der am Ende dazugehörigen Register und Verzeichnisse

Ich könnte nun das Inhaltverzeichnis einmal vortragen, da allein daran schon deutlich wird, wie an die Untersuchung des Liedes herangegangen wurde. Ich lasse das an dieser Stelle jedoch und gehe in den nächsten Minuten lieber einmal von Kapitel zu Kapitel und gebe einen Einblick, was darin vollzogen wurde.

Ich betone das an dieser Stelle gern noch einmal, das ist hier kein Ersatz dafür, sich dem Buch selbst zuzuwenden. Das ist hier auch keine Werbesendung. Vielmehr eine Anregung, sich solchen Themen zu nähern.

Nun aber mal zum Text:

Im ersten Kapitel „Wach auff! Wach auff! Der Steiger kömmt…“ – vom Herkommen und der Herausbildung des bekanntesten Bergmannsliedes im sächsischen Erzgebirge“[5] geht der Autor Heino Neuber auf die verschiedenartigen Zu- und Eingänge der Strophen ein, blickt auf die heute nachweisbaren Erwähnungen sowie deren Herleitungen aus Bergreihen.

Auch wenn ich zugeben muss, dass das Buch kein Exemplar zum schnellen Weglesen ist – man steht schnell im Stoff und wird sofort mit den einzelnen Varianten und Nachweisen konfrontiert. Das sollte jedoch nicht abschrecken. Selbst wenn die Begriffe „Bergreihen“ und „Kontrafraktur“ unbekannt sind, ist das kein Grund, schon im ersten Kapitel zu kapitulieren. Zum einen, weil am Ende des ersten Kapitels auf die Bergreihen noch einmal näher eingegangen wird. Zum anderen, weil die Suche in gängigen, meist im Internet befindlichen Nachschlagewerken nun doch fast ein Automatismus ist, der bei Unsicherheit und vermeintlichen Nicht-Wissen locker von der Hand geht.

Bei Kontrafaktur in diesem Sinne handelt es sich im Übrigen um die Entnahme und Abänderung eines Textes bei gleichzeitiger Beibehaltung der Melodie.
Ja, ich hab nachgeschaut …

Heino Neuber macht deutlich, welche Zusammensetzung und Veränderung das Lied in der frühen Phase nahm. Bei sein en Ausführungen, und das zieht sich durchs ganze Buch, schiebt er immer wieder erklärende Absätze zu Personen oder Strophen hinein.
Lasst die Fußnoten aber nicht unbeachtet. Nicht nur, weil es bei der Einordnung der zahlreichen Nachweise hilft – die ein oder andere Erklärung ist auch für das Gesamtverständnis nicht ganz unwichtig.

Das zweite Kapitel: „In’s Bergwerk hinein, Wo die Bergleut sein;…“ – zur Überlieferung in den vornehmlich west- und süddeutschen Landschaften unter Beachtung von Wendungen und Reihungen des gegenwärtig in Sachsen in Verwendung stehenden Wortlautes.[6]
Darin bezieht sich Neuber auf die Zeit des 18. und 19. Jahrhunderts. Er geht auf verschiedenen Fassungen der genannten Gebiete ein, nennt dabei explizit deren Verweise auf die Herkunft der Liedfassungen und macht auf Besonderheiten im Textaufbau aufmerksam.
Hinweise auf sächsische Fassungen werden ebenso hervorgehoben wie gleichermaßen ein Fehlen solcher Bezüge. Diese detaillierten Anmerkungen auf Worte oder Wendungen mag erst einmal etwas speziell rüberkommen. Doch gerade diese Hinweise macht die Suche nach den Feinheiten und regionalen Abänderungen spannend und besonders. Für die Entwicklung zu den heute gebräuchlichen Versionen sind diese Verweise wichtig, wie sich in den kommenden Kapiteln herausstellt wird.

Gleich einmal eingeschoben, weil es von der Reihenfolge beim Blättern gerade passt: Das Buch hat drei unterschiedlich große Tafelblöcke, also auf Hochglanzpapier gedruckten Bildtafeln. Das gibt dem Buch nicht nur einen bunten Nebeneffekt, nein, die Tafeln veranschaulichen auch noch einmal das Gesagte. Neben Buchcovern und Einblicken in die zitierten Werke gibt es Abbildungen zahlreicher Bergsänger und -musikanten. U.a. jener Teil, der Bergsänger auf dem Fries zum Bergaufzug anlässlich des Saturnusfestes 1719 zeigt.
Auch die genannten Protagonisten und Initiatoren der Liedersammlungen sind mit Abbildungen versehen.

Aber vor allem die Kopien von Originalüberlieferungen aus dem 16. oder 18. Jahrhundert transportieren das gewisse Etwas. Man hat die Quellen einmal vor sich, kann sich in den Abschnitten selbst im Lesen dieser probieren oder betrachtet schlichtweg die Gestaltung der teilweise kunstvollen Seiten und Cover.

Doch zurück, nun in Kapitel Drei: „Wer hat denn nun das Lied erdacht?“ – zur weiteren Herausbildung und zum Nachweis des Liedes in Sachsen bis nach 1900 unter Sichtbarmachung von spezifischen Bezügen zur frühen deutschen Volksliedüberlieferung.[7]

Wurde in den ersten zwei Kapitel deutlich, wo erste Überlieferungen lagen und welche Verbreitungen in verschiedenen Formen das Lied in den Regionen außerhalb Sachsens nahm, beschäftigt sich das dritte Kapitel mit der Weiterentwicklung in Sachsen. Der Autor geht dabei auf die Arbeit von Dr. Moritz Döring ein, der auf Anregung von Oberberghauptmann August Wolfgang von Herder eine Sammlung Sächsischer Bergreihen erstellte. Interessant dabei ist, wie die Sammlung zustande kam. Und hier liegt ein wichtiger Punkt, den es zu beachten gilt, wenn man nachverfolgen möchte, wie Versionen sich verbreiteten oder weiterentwickelten. Döring nahm mündliche Überlieferungen auf. Wobei wichtig zu erwähnen ist, dass er dabei außersächsische Formen nicht berücksichtigte.[8]

Für jene von euch, die sich, unabhängig von diesem Buch und Thema, mit historischen Dingen beschäftigen möchten: Immer auch einmal die Frage im Hinterkopf behalten, wie eine Quelle überliefert ist, woher sie entstammt und von wem. Abänderungen im Text, die auf mündliche Überlieferungen zurückzuführen sind, können auf regionale Besonderheiten hindeuten. Deshalb ist es dann doch nicht so speziell, wenn auf besondere Wörter oder Wendungen in einem Text geachtet wird.

Worauf Heino Neuber in diesem Kapitel ebenfalls gesondert aufmerksam macht, ist, dass in den Sammlungen von Döring sich der erste Bezug auf den Beginn des Liedes mit dem Bergmannsgruß: Glück auf! findet.[9]

Ebenso hebt er hervor, dass es eben kein Kunstlied aus einem Guss ist. Es ist ein „lebendiges“ Lied, was durch das Singen im Allgemeinen und das Umherziehen von Bergmusikanten aber auch Bergleuten Verbreitung fand – und das in verschiedenen Versionen.[10]

Deshalb eben der Verweis auf die unterschiedlichen Überlieferungsformen, was auch Neuber anschaulich nachzeichnet.

Es wird darauf hingewiesen, dass die in Sachsen verbreiteten Versionen deutlich volkstümliche Elemente aufwies, als anderswo.[11]

In diesem Zuge ist mit dem Verweis auf die drei Hefte „Erzgebirgischer Berglieder“ des Schneeberger Kantors Bruno Dost noch ein weiter Weg aufgezeigt. Die Hefte führten in Schneeberg und Umgebung zu einer lebendigen Verbreitung, insbesondere durch seinen Bruder, dem Lehrer Alfred Dost. Allerdings ist das Lied in Schulbüchern in Sachsen um die Jahrhundertwende nur verändert oder gar nicht enthalten, trotz dass der eben angeführte Alfred Dost an deren Bearbeitung dieser mitwirkte.

Anhand der Bücher, so legt es Neuber dar, änderte sich das bis in die 1930er Jahre nicht. Auch hieran wird deutlich, dass bei der näheren Betrachtung von regionalen und überregionalen Verbreitungen des Liedes danach gefragt werden muss, wer sich um ein aktives Singen bemüht und welche Stellen eine Verbreitung mitgetragen haben oder welche nicht.

Im vierten Kapitel: „Die Bergleute sein kreuzbrave Leut‘…“ – der Einfluß des weitverbreitetet „Liederbuch für Berg- und Hüttenleute“ des „berg- und hüttenmännischen Vereins zu Berlin und der Breslauer Knappschaft“[12] geht es tiefer rein in die Feinheiten des Textes und der Strophen.

Ein besonderes Augenmerk liegt hier bei der fünften sowie sechsten Strophe samt ihrer Ausformung und Nachweise. Wie in der Kapitelüberschrift bereist angedeutet, sollten die sangesfreudigen Studenten bei der Verbreitung des Liedes nicht unbeachtet bleiben. Dieser Blickwinkel ist, hier angesprochen, irgendwie logisch und beim Lesen des Kapitels besonders nachvollziehbar. Vor allem dann, wenn Heino Neuber darauf hinweist, dass die Studenten nicht nur für die Verbreitung außerhalb von Sachsen wichtig waren, sondern sie auch für die anderen, da hineintragenden Formen verantwortlich gemacht werden können.[13]
Der Hinweis auf die als Tafelbild abgedruckten, 1921 vom Stadtrat Freiberg herausgegebenen „Gutscheine“[14] sind dafür ein weiteres Zeugnis. Die mit einzelnen Strophen und Illustrationen versehenen Scheine sind nicht nur eine interessante Quelle, sondern auch noch etwas fürs Auge.

Wir blättern weiter zu Kapitel 5 „und kehr ich heim zum Schätzelein“ – die Weiterentwicklung im sächsisch-erzgebirgischen Raum in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts unter dem Blick auf Wechselwirkungen mit der Liedüberlieferung anderer Regionen.[15]
In diesem Kapitel wird auf die jüngeren, regional gesungenen Formen eingegangen und somit der Versuch unternommen, den Blick weiter auf die Praxis zu lenken.

Im Raum steht immer die Frage, welche Verbreitung das Lied hatte und welche Verbindungslinie in den verbreiteten Liederbüchern zu finden sind.
Hierbei vergleicht der Autor drei Bücher. Das „Lesebuch für berg- und hüttenmännische Fortbildungsschulen“ aus Leipzig von 1904, dann das 1921 in Eisleben erschienene Bergmännische Handbuch für Schule und Haus. Beide nehmen im hiesigen Fall Bezug auf das preußisch-schlesische „Liederbuch für Berg- und Hüttenleute“ aus dem Jahre 1862, das bereits bei der Fassung für das „Exkursions-Liederbuch für Berg- und Hüttenleute“ der Freiberger Studenten Pate stand. Insbesondere Letzteres hatte unter den Studenten seine Verbreitung und transportierte die Schlesisch-Preußische Variante ebenso wie es die beiden erstgenannten Bücher taten. [16]

Also quasi ein Bezugstext, drei Weg.
Dem nicht genug, findet sich diese Fassung im Liederbuch der Wandervogel- und Jugendbewegungen namens „Zupfgeigenhansl“ ab 1910 wieder. Allerdings, so schreibt Neuber, mit der einen in altsächsischer Form gesungenen dritten Strophe.[17]

Warum mach ich das an dieser Stelle so ausführlich? Heino Neuber zieht hier in puncto Verbreitung eine neue Linie zu zwei weiteren Büchern. Zum einen zum „Liederbuch des Erzgebirgsvereins“ und zum anderen des 1938 von Friedrich Emil Krauß herausgegebenen „Die silberne Glocke“. Trotz festgestellter Abweichungen führt er uns Leser auf einen Pfad der Verbreitung, der den zweiten Weltkrieg überdauerte.

Ihr merkt, es wird an dieser Stelle immer mehr an Verbindungslinien und jenen Fassetten, die Beachtung finden. Es ist auch nicht schlimm, wenn spätestens jetzt Verwirrung aufkommt und ihr das Gefühl habt, ihr kommt nicht mehr mit. Wie gesagt, ich will das Buch hier nicht vorlesen.
An dieser Stelle im Buch kam es auch bei mir vermehrt zum Blättern. Welche Verbindungslinie hat er genommen? Wo findet sich das noch einmal?
Rein von der Quellensicht ist das auch nicht verwunderlich, wenn es plötzlich immer mehr Stellen werden, die bei solch einem Projekt abzugleichen sind, weil die Wahrscheinlichkeit der Überlieferung auch höher ist. Umso mehr Liederbücher Verbreitung finden und auch gedruckt werden, umso wahrscheinlicher ist es, dass Quellenarbeit größer wird und auch ausufern kann.
Im hiesigen Buch ist die Auswahl insgesamt gesehen recht ausführlich und rund. Hilfreich ist es dennoch, sich beim Lesen Zeit zu nehmen und zu blättern. Insbesondere dann, wenn Textpassagen zum Nachvollziehen abgedruckt sind und Informationen separat eingefügt werden.

„Aus Felsgestein graben sie das Gold; dem schwarzbraunen Mägdelein dem sein sie hold.“ – zu Einflüssen auf die weitere Herausbildung im mitteldeutschen Raum unter veränderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen nach 1946 [18]– das sechste Kapitel – schreitet ungehindert auf dem eben angesprochenen Pfad weiter.
Mit einer Textfassung, die in einem weiteren von Krauß bereits 1937 herausgegeben Buch „Lieder der Blechschmiede“ veröffentlicht wurde, weist Neuber auf die Nähe von Krauß zur Wandervogelbewegung sowie zum Erzgebirgsverein hin.
Zum anderen nahm diese Fassung Einzug in ein erstes Liederbuch der FDJ 1946.

Daran anschließend führt Neuber die Wandlungen des Textes im Laufe der DDR in unterschiedlichen Ausgaben des FDJ-Liederbuches aus. Wie in den anderen Kapiteln, werden auch hier die Bezüge zu älteren Textfassungen deutlich gemacht. Hier sogar bis zur Beachtung einzelner Wörter wie z.B. die Verwendung des Wortes „Schätzelein“.[19] Das zeugt weiterhin von einer hohen Detailtreue bei der Bearbeitung. Das hört sich erneut sehr nerdig an. Es zahlt sich jedoch an anderer Stelle aus. Z.B. als er darauf hinweist, dass in der 1985er Ausgabe des FDJ-Liederbuches zwar in beiliegenden Erklärungen auf Fassungen aus dem 16. und 18. Jh. hingewiesen wird, dies rein textlich aber nicht übereinstimmt.

Mit dem siebenten Kapitel verkleinert Neuber den Radius noch einmal.
In „Ade, süße Braut! … und kehr‘ ich nicht wieder aus dunklem Schacht, dann gute Nacht!“ – zur Prägung und Fortschreibung im studentischen Leben, insbesondere bezogen auf die Bergakademie Freiberg und ihr Umfeld[20] – liegt der Blick, wie sollte es anders sein, auf vermeintlich gebräuchlichen Formen, die Studenten an der Bergakademie sangen.

Auch hier werden Liederbücher, die an der Bergakademie Mitte der 1970er Jahren herausgegeben wurden, u.a. mit der Fassung aus dem „Liederbuch der deutschen Jugend“ von 1964 verglichen.

Zum einen kommt er zum Ergebnis, dass von einer „Freiberger Fassung“ in Abgleich mit der heute gebräuchlichen Version nicht gesprochen werden kann.[21] Zum anderen, dass der Abgleich mit Kommersbüchern aus dem 19. Jahrhundert – also den Liederbüchern von Studentenverbindungen –darin keine Version aus Sachsen zutage brachte.[22]

Im achten Kapitel – „Die Bergleut sein so hübsch und fein, …“ – zum gegenwärtigen Stand der Liedüberlieferung in Sachsen im Hinblick auf eine „gebräuchliche Fassung“, untersetzt um einen Blick auf die Entwicklung seiner Wortlaute.[23] – kommt Heino Neuber zu dem Schluss, dass es die Quellenlage   nicht möglich macht, dass es DIE in Sachsen gebräuchliche Fassung gibt.

Noch Ende der 1990er Jahre kursierten eine Liedpostkarte, deren 4 Strophen auf jene Textzeilen aus dem 16. und 18. Jahrhundert Bezug nehmen, die bereits im ersten Kapitel ausführlich dargelegt wurden. Es ist die Textfassung, die im Liederbuch „Haamitland, mei Arzgebirg“ zu finden ist und Bezug nimmt auf jene Fassung, die Helmuth Stapff bereits 1938 erarbeitete.[24]

Auch hier hilft es sicherlich noch einmal hin- und herzublättern.

Sie ist heute im Erzgebirge sehr verbreitet. Selbst der Sächsische Landesverband nahm 1995 diese Version als eine von zwei abgedruckten Fassungen in seinem Liederheft auf. Neuber schlussfolgert daraufhin, dass jene Fassung eine im Erzgebirge über Jahrzehnte hinweg sehr lebendige Version war und ist.[25]

Um das Gesagte zu unterstreichen liefert das Buch an dieser Stelle ein „Verzeichnis des Wortlautes der Wesentlichen Strophen der im Buch genutzten Fassungen“[26]mit. Wer also beim Lesen zwischendurch etwas durcheinandergekommen ist, kann die Strophen hier noch einmal abgleichen.

Was natürlich noch fehlt ist die Frage nach der Melodie. Da schafft Kapitel 9 – „Mäßig bewegt.“ Über „Frisch. Bis „Sehr schnell.“ – einige Gedanken und Angaben zur Melodie-Überlieferung des Liedes[27] – Abhilfe.

Zwei wesentliche Dinge gibt es hier kurz anzubringen. Heino Neuber sagt deutlich, nicht alle Liedersammlungen, die in dem Buch aufgezeigt wurden, haben eine Notationen mitgeliefert.

Auch fehlte sehr oft der Verweis darauf, nach welcher Melodie gesungen wurde.

Er gibt aber auch an, dass die heutige Melodie nicht unbedingt die urtümliche Melodie gewesen sein soll, nach der die ersten Fassungen in Sachsen gesungen wurde. Vielmehr war da jene, die man heute als Glückauf-Fanfare kennt.[28]

Auch hier schafft es Heino Neuber, wie auch bereits an anderen Stellen, anschaulich die melodischen Belege anzubringen. Ihr werdet es sehen, man kommt an der einen oder anderen Stelle nicht drumherum, selbst einmal die Probe aufs Exempel zu machen. Viel Spaß beim Singen.

Nun sind wir auch schon kurz vor dem Ende angelangt. Zwei kleine Kapitel haben wir noch.

Nummer 10 – „Es ist bergmännisches Standardlied und echtes Volkslied“ – die Bedeutung der sächsischen an der gesamten Überlieferung; nebst einigen sich daran schließenden Gedanken zu Gegenstand und Aufbau [29]– sowie mit „Glückauf Glückauf! Eine letzte Zeile noch.“[30] Also das letzte Kapitel.
Die beiden letztgenannten fungieren sozusagen als Fazit und Ausblick. Ich halte an dieser Stelle inne und überlasse jedem selbst das Lesen dieser Zeilen.

Ich denke, es wurde aber bis hierher deutlich, dass dieses Lied seinen Weg auf verschiedene Weise durch die Bergbaugebiete Deutschlands genommen hat. Dass die Wurzeln des Liedes „Glück auf! Der Steiger kommt“ in den Bergbaugebieten des Erzgebirges zu suchen sind, darf nach der Lektüre mitgenommen werden.

Natürlich, und das gebe ich ganz offen zu, war diese erste Buchbesprechung gerade wegen der quellennahen Besprechung des Stoffes nicht der einfachste Einstieg so etwas zu machen.

Es hat sich jedoch angeboten, da ich selbst gespannt auf den Inhalt war und es gleichzeitig die Möglichkeit gab, sich auch einmal daran abzuarbeiten.

Ich bin bereits am Überlegen, welche anderen Themen in solch einem Format auch besprochen werden können.

Ein paar Gedanken liegen hierbei bereits zum Bergmannshabit, also der Parade-Uniform bzw. Paradetracht, auf Papier.

Weitere Ideen sind gern gesehen. Wenn die Zeit und Umstände es zulassen, kommt da in Zukunft sicher noch die ein oder andere Folge. Ich lasse es euch wissen.
Natürlich sind meine Ohren auch offen für Anregungen und Kritik. Schreibt diese gern über meine Seite bergbaukultour.com oder auf Facebook oder Instagram.
Macht‘s gut und Glück auf!


[1] Siehe: Heilfurth, Gerhard: Das Bergmannslied, Kassel u.a. 1954, S. 210, zitiert in: Neuber, Heino: „Glück auf! Der Steiger kommt.“ Allerlei zur Geschichte und Bedeutung eines sächsischen Volksliedes (= Schriftenreihe des Sächsischen Berg- und Hüttenwesen, Bd. 1), Stollberg/Erz. 2020, S. XIX.

[2] Vgl. Immaterielles Kulturerbe: Steigerlied und Trinkhallenkultur werden in Landesinventar aufgenommen (https://www.land.nrw/de/pressemitteilung/immaterielles-kulturerbe-steigerlied-und-trinkhallenkultur-werden-landesinventar, eingesehen: 12.2.2021).

[3] Vgl. Geisthövel, Alexa / Mrozek, Bodo (Hg.): Popgeschichte. Band 1: Konzepte und Methoden, Bielefeld 2014.

[4] Vgl. Neuber, Glück auf!, S. 14.

[5] Vgl. Ebd.; S. 1-8.

[6] Vgl. Neuber, Glück auf!,, S. 9-16.

[7] Vgl. Neuber, Glück auf!, S. 17-34.

[8] Vgl. Ebd., S. 17.

[9] Vgl. Ebd., S. 20.

[10] Vgl. Ebd. S. 21.

[11] Vgl. Ebd.

[12] Vgl. Ebd., S. 35-42.

[13] Vgl. Ebd., S. 35-42.

[14] Tafelbild 25-29, in: Ebd.

[15] Vgl. Ebd., S. 43-46.

[16] Vgl. Ebd., S. 44.

[17] Vgl. Neuber, S. 43.

[18] Vgl. Ebd., S. 47-56.

[19] Vgl. Ebd., S. 50.

[20] Vgl. Ebd., S. 57-62.

[21] Vgl. Ebd., S. 60.

[22] Vgl. Ebd., S. 61-62.

[23] Vgl. Ebd., S. 63-71

[24] Vgl. Ebd., S. 65.

[25] Vgl. Ebd., S. 67.

[26] Vgl. Ebd., S. 68-70.

[27] Vgl. Ebd., S. 72-75.

[28] Vgl. Ebd. S. 72.

[29] Vgl. Ebd., S. 76-83.

[30] Vgl. Ebd., S. 84-85.

Das erste Jahr

Es ist still geworden auf dieser Seite. Seit dem Sommer keine Einträge mehr. Lebt ein solches Projekt nicht durch Aktualität und stetem Input? Ja, das sollte so sein. Und tatsächlich ist auch noch einiges in der Pipline, was schon längst hätte hier stehen sollen. Zur Wahrheit gehört aber auch, es ist und bleibt ein Ein-Personen-Projekt. Und mitunter möchte ich mehr, als ich schaffen kann. Der Tag bräuchte weit mehr als 24 Stunden. Hat er allerdings nicht. Sei’s drum.

Wie die Überschrift bereits verkündte, das Projekt hat nun sein erstes Jahr rum. Hurra, möchte man schreiben. Hurra sagt auch die eine Seite. Weniger Hurra die andere. Es darf erlaubt sein zu sagen, dass es eigentlich anders geplant war. Weitaus anders. Es gehört aber auch dazu zu sagen, dass es keinen Stillstand gab. Zu keiner Zeit. Das ist positiv zu werten und ich sehe das auch positiv.

War ich ich den ersten Monaten im Begriff, mich recht gut einzuarbeiten in die Thematik, fuhr mir die Pademie mächtig in die Parade. Zwischenzeitliche Schließung der Bibliotheken und Archive ließen die Alarmglocken mächtig läuten. Seit März ist Flexibilität der große Begleiter und Weitsicht immer mit dabei. Mal besser, mal weniger optimal. Ich könnte jetzt jammern, dass all die schönen Pläne für die Katz sind, immer wieder neue Wege gegangen werden mussten, um nach kurzem Parkett zu konstanieren, da es nicht weiter geht und doch wieder abgebogen werden muss. Doch was hilft das alles? Zum Einen, bringt es mich keinen Schritt weiter, zum Anderen ist es so, dass ich nicht zu Hause sitzen muss und zum Nichtstun verdammt bin. Ich habe Arbeit, ich komme voran, wenn auch schwerer und deutlich langsamer. Das, was ich verloren habe, ist Zeit. Dass einem das früher oder später auf die Füße fallen wird, ist ein Gedanke, der vorhanden ist (ich bleibe da Realist). Deswegen nun panisch zu werden, bringt allerdings auch keine Punkte. Zeit verloren, Erfahrung gesammelt. Immer positiv denken!

Doch blicken wir zurück. Das Projekt begann mit recht viel Enthusiasmus. Das muss wahrscheinlich auch so sein, wenn der Eintritt in eine neue Lebensphase beginnt. Ich für meinen Teil muss auch zugeben, dass die Möglichkeit der Realisierung dieses Promotionsprojektes ein großer Wunsch war und ist. Ich mache das, was man rein faktisch als Beruf umschreiben kann, sehr gerne. Ich habe in meinem Studium und allen anderen Projekten seitdem viel gelernt und weiß, dass ich diese Fähigkeiten des kritischen Denkens und des Reflektierens in Ausarbeitungen fassen kann. Ebenso gehören stete Probekmlösungen in Projektformaten dazu. Natürlich weiß man vorher nie, was ein neu begonnenes Projekt für Herausforderungen mitsich bringt. Selbstverständlich wollte ich diese Herausforderung und deswegen habe ich sie auch angenommen, insbesondere wegen der Weiterentwicklung , die man in einer solchen Arbeit vollzieht. Gleichwohl reizte mich das Thema vor allem in dem Punkt, neue Pfade zu bestreiten, mich auch mit Dingen zu beschäftigen, die mir nicht geläufig sind.

Soweit so gut. Was ich unterstätzte, waren zwei Dinge: Zum einen, die Mächtigkeit des Themas, wonach dieses nach jedem anfänglich gelesenen Buch immer größer wurde. Zum anderen der Zugang dazu in Verbindung mit den Akteuren. War mein erster Ansatz, die Bergbaukultur dahingehend zu fassen, die heutigen Bergbau- und Traditionsvereine in den Blick zu nehmen, Mitglieder zu befragen und mir so ein Bild davon zu machen, was dieser Begriff eigentlich beinhaltet, so musste ich schnell feststellen, dass das nicht ging. Man mag es mir als Naivität auslegen, die Vorstellung zu haben, man trete mit einem forschenden Interesse an einen Verein heran und bittet um Unterstützung nebst Aussagen und bekommt die dann auch. Selbstverständlich war mir bewusst, dass bei Befragungen eine gewisse Prozentzahl an Rückläufern ausbleiben, dass Aussagen fehlen und auch hier und da eine gewisse Skepsis vorherschen wird. Auch vorhegehende Projekte hatten mit jenen Faktoren zu kämpfen. Mag es aber entweder an der Zeit (Dezember 2019 bis Februar 2020) gelegen haben, die für die Vereine teilweise stressig ist, oder an der Art und Weise, die Dinge anzugehen, das Ergebnis war nicht wie erhofft. Ein deutlich geringerer Prozentsatz an Rückläufern, als ich es mir dachte, fand den Weg zu mir zurück. Die ersten Informationen und Fragebögen gingen per E-Mail an die Mitgliedervereine des Sächsischen Landesverbandes der Bergmanns-, Hütten- und Knappenvereine raus, dessen Zusammenschluss ich als passend für eine Befragung erachtete. Ein zweiter Anlauf erfolgte per Briefsendung. Die Anfragen waren stets mit dem Hinweis versehen, dass ich mein Projekt gern auch persönlich bei einer Mitgliederversammlung oder einer anderen Vereinsveranstaltung vorstellen kann. Im zweiten Anlauf kamen zwar mehr Rückmeldungen als im ersten, ich merkte allerdings, dass ich meine Herangehensweise ändern muss. Der persönliche Kontakt vor Ort, wie sich im weiteren Verlauf herausstellen sollte, ist effektiver, als es eine Anfrage und Bitte mitsamt eines Anschreibens sein konnte. In diesem Fall war das Eintreten der Corona-Pandemie ein folgenschwerer Strich durch meine gesamte Planung ab März diesen Jahres. Ich realisierte, dass der schriftliche Weg nicht erfolgsversprechend war und musste sprichwörtlich „mein Gesicht in die Runde halten“, was bei Vereinen wie in Geyer, Schneeberg, Oelsnitz/Erz., Altenberg und Freiberg auch gelang. Weitere Treffen kamen trotz telefonischer oder schriftlicher Absprache leider nicht mehr zustande, da Vereinstreffen ab März nicht wie in gewohnter Weise durchführbar waren und wenn, dann ohne Gäste.
Bevor ich jedoch zum bestimmenden Thema Corona ein paar Worte verliere, möchte ich hervorheben, dass mir die ersten, ernüchternen Momente der Bearbeitung zeigten, dass dieses Thema nicht einfach „von außen“ zu bearbeiten ist. Es mögen schnell die einschlägigen populären Abhandlungen zum Bergbau im Erzgebirge besorgt sein. Die Literatur ersetzt jedoch nicht den Blick vor Ort. Es mag flapsig klingen, wenn ich von „Gesicht in die Runde halten“ schreibe. Doch zum einen versteht man sein Objekt auch erst, wenn man nicht zumindest einmal vor Ort gewesen ist, die Landschaft besucht, Denkmale gesehen und mit Menschen aus den Vereinen gesprochen hat. Zum anderen verschafft es ein gewisses Maß an Grundvertrauen. Es schien mir in einigen der wenigen Gespräche, die ich führen konnte, dass die Akteure sich nicht immer recht verstanden bzw. sich und ihr Engagement nicht richtig dargestellt sehen. Vor allem, wenn Studenten oder wie ich, ein Promovend, etwas will. Ich möchte dieser Skepsis gern entgegentreten und zeigen, dass es in der Kommunikation und Zusammenarbeit auch anders geht. Auch wenn es mir in diesem Jahr nicht in dem Maße vergönnt war, jene Fülle an Gesprächen und Begegnungen zu haben, die ich mir vorgenommen hatte, so ist zumindest für das zweite Jahr deutlich geworden, welche Herangehensweise besser ist.
Ich möchte mich an dieser Stelle auch noch einmal bei all jenen bedanken, mit denen ich in diesem Jahr in den Austausch treten konnte, ob das nun persönlich vor Ort oder „nur“ schriftlich und telefonisch war. Ich werde dies, soweit es wieder möglich ist, weiterführen und ausbauen.

Auch im zweiten, angesprochenen Bereich, der Literatur, wich mitunter die anfängliche Leichtigkeit des Öfteren entweder der Frage nach der weiteren Suche oder den Zweifeln, welcher Bereich eher zu fokusieren sei und welcher nicht. Mitunter lag die Schwierigkeit darin begründet herauszufinden, wo der Forschungsstand für die einzelnen Teilbereich liegt. Mein Thema ist vom Titel her sehr umfangreich. Die Zeitspanne wirkt auf den ersten Blick übermäßig lang, weshalb nicht selten der Eindruck entsteht, die Arbeit wäre ein Alles und Nichts. Selbstverständlich ist das Erfassen der einzelnen Bereiche und ihrer Forschungsstände eine Herausforderung. Geht man unbedarft an das Thema Bergbau heran, sucht man sich als erstes die Werke heraus, die am offensichtlichsten sind. Ich las auch zum Anfang Bücher, die für einen interessierten Menschen eingänglich und überblicksartig sind. Schwierig und interessant wird es erst dann, wenn man in einzelnen Teilgebieten näher sucht. Vor allem in jenen Bereichen, die sich nicht unbedingt mit dem Bergbau, also dem Abbau an sich beschäftigen, sondern die die Sozialgeschichte, Traditionsbildung und nicht zuletzt die Erforschung der Knappschaften in den Blick nehmen. Hier gibt es eine Vielzahl an Lücken, die jeoch auch erst einmal zu lokalisieren sind.

Nun hatte diese schrittweise zu vollziehende Arbeitsweise ab März einen erheblichen Gegner: die Corona-Pandemie. Im Grunde genommen kann ich sagen, dass sie und die darauf folgenden Maßnahmen mir das komplette Konzept für dieses Jahr zerrissen haben. Um es vorweg zu sagen, ich bin kein Mediziner und erst recht kein Virologe, weswegen es mir fern liegt, über die Richtigkeit der Maßnahme zu urteilen. Ich verstehe mich als Wissenschaftler und vertraue auch darauf, dass jene handelnden Personen aus den anderen Fachgebieten ihre Arbeit ebenso ernst nehmen, wie ich das selbst für mein Gebiet tue. Das hat etwas mit Vertrauen zu tun.
Am Ende muss man jedoch nüchtern feststellen, dass die gemachten Pläne, die Vorhaben für die Bearbeitung unter den sich wechselnden Bedingungen schlichtweg nicht mehr duchführbar waren. Das ist für die Arbeit schlecht. Es fällt schwer, einen Plan zu verfolgen, wenn dieser sich ständig ändert. Sei es, weil Termine nicht wahrgenommen werden könne, weil Kontaktbeschränkungen bestehen oder Bibliotheken, Archive und Museen geschlossen und Bergparaden abgesagt wurden. Sei es, weil sich seit fast einem dreiviertel Jahr die Vereine nicht in dem Maße treffen können, dass ich mein Vorhaben so umsetzen kann, wie es vorgesehen war.
Es folgte, was folgen musste: Improvisation. Eilig zusammengestellte Listen führten zu zahlreichen Bestellungen in verschiedenen Bibliotheken, um Literatur soweit es möglich war, noch auszuleihen. Das hatte für den ersten Lockdown den Vorteil, dass ich trotzdem in gewisser Weise arbeiten konnte. Hinzu kam der Aufbau dieser Seite, das Erarbeiten eines neuen Konzeptes sowie eine Hinwendung auf Recherchen im Internet. Ich war handlungsfähig und konnte innerhalb der jeweiligen drei Arbeitsfelder teilweise arbeiten. Problematisch wurde es dann, wenn Querverweisen in der Literatur nicht nachgegangen werden konnte, weil die Bibliotheken geschlossen waren. Darüber hinaus gab es auch nach Wiederöffnung der Bibliotheken Probleme beim Zugriff, da die meisten benötigten Schriften Präsenzbestände sind, zur Benutzung dieser jedoch Termine gemacht werden mussten. Das gleiche galt für die Benutzung von Archivalien. Aufgrund der Begrenzung von Benutzerarbeitsplätzen mussten Termine in den Archiven Wochen im Voraus gebucht werden. Hierbei hatte ich noch Glück, dass dies für das Bergarchiv in Freiberg und das Kreisarchiv in Aue unproblematisch lief und es keine Wartelisten gab, wie es z.B. im Bundesarchiv in Berlin der Fall ist. Der Start war dennoch holprig, da ich am Anfang nicht recht wusste, wo ich bei der Archivrecherche ansetzen sollte. Auch eine Folge der verschiedenen Ansätze, die ich durch die vorher vollzogene schnelle Literaturrecherche verfolgte. Mitunter muss ich selbstkritisch zugeben, fehlte mir die Systematik in der Vorgehensweise, da ich das vorher geplante Abarbeiten der Arbeitsschwerpunkte nicht mehr vollziehen konnte. Hinzu kamen die immer wieder verschobenen Termine mit den Vereinen.
Ich hoffte, zumindest nach Beendingung des ersten Lockdowns wieder in die geplanten Vorgehensweisen zurückkehren zu können, was jedoch nicht mehr realisierbar war. Faktisch hatte ich nach dem ersten Lockdown in Sachsen drei Monate zeitlichen Verzug, der sich auf alle weiteren Arbeitsschritte auswirken sollte. Seit November ist die Situation nicht besser geworden. Mit erneuter Schließung der Bibliotheken sowie Archiven im Dezember und der endgültigen Gewissheit, dass die Bergparaden in diesem Jahr nicht stattfinden werden, war auch der letzte Teil des einstigen Jahresplans über den Haufen geworfen worden.

Realistisch betrachtet hilft es mir, aber auch dem Projekt, nichts, die ganze Sache zu betrauern. Selbstverständlich ist es schade, dass das einst erdachte Konzept nicht in dem Maße bearbeitet werden konnte. Vor mir liegen jedoch noch knappe zwei Jahre, dieses Projekt zu realisieren.
Doch 2020 komplett als verlorenes Jahr zu betrachten wäre ebenso falsch. Die gestellte Aufgabe ist groß, der Tatsache bin ich mir bewusst und so konnte ich sowohl einiges an theoretischem Rüstzeug als auch an fachwissenschaftlichen Beiträgen lesen und mir das Thema besser sowie teilweise neu erschließen. In der Bearbeitung ist eine stete Bewegung. Trotz einiger Geduldsmomente, in denen auf Literaturtitel gewartet werden musste, konnte ich mich z.B. immer weiter durch Abhandlungen von Vereinsgeschichten lesen, die seit den 1950er, aber auch mitunter seit den 1930er Jahren verfasst worden sind. Dank der Forschungsleistung von Knut Neumann war es möglich, mich in das Teilgebiet der Bergparaden und Uniformordnungen einzuarbeiten. Einem Feld, dem m. M. n. weiter nachgegangen werden muss, insbesondere, was die regionalen Besonderheiten anbelangt. Eine besondere Hilfe hierbei war Herr Neuber vom Bergbaumuseum Oelsnitz/Erz., der mir seit Anbeginn bei verschiedenen Fragen mit Hinweisen behilflich war.
Durch Einsichtnahme in die Vereinschronik der Bergbrüderschaft „Schneeberger Bergparade“ – vielen Dank an dieser Stelle für das Vertrauen und die Zusammenarbeit – ist mir die Erfassung der Arbeit eines Traditionsvereins möglich. Es gibt nicht viele wissenschaftliche Abhandlungen über die Berg- und Hüttenknappschaften sowie der Bergbrüderschaften im sächsischen Erzgebirge. Vor allem fehlen wissenschaftliche Informationen über die Bruchlinien im 19./20. Jahrhundert, NS und teilweise der DDR-Zeit. Das hat verschiedene Hintergründe, auf die ich an dieser Stelle nicht eingehen werde. Chroniken der verschiedenen Traditionsvereine, die auch jeweils unterschiedliche Bezugslinien und Gründungsdaten haben, helfen bei der Einordnung und Aufarbeitung. Ich hoffe, dass ich 2021 mit den Einsichten in Chroniken weiterer Vereine weitermachen kann. Dankenswerterweise gab es hierzu bereits zusichernde Aussagen von der Historischen Freiberger Berg- und Hüttenknappschaft sowie des Knappenvereins Altenberg.
Als im Frühjahr die Beschränkungen wieder gelockert wurde, nutzte ich die Zeit, um allein die Orte im Erzgebirge abzufahren, die für den Bergbau von Bedeutung waren und es heute auch traditionell noch sind. Hierbei sind verschiedene Fotos entstanden, die ich teilweise über den Instagram-Account bereits gezeigt habe. Wie bereits oben geschrieben, ist es mir wichtig, die Gegebenheiten zumindest einmal gesehen zu haben, um nicht nur aus Literatur und Aktenmaterial Informationen zu ziehen. Des Öfteren besuchte ich Schneeberg, war auch am diesjährigen Bergstreittag anwesend, was mir wiederum Einblicke ermöglichte, die mir kein Schriftstück ermöglicht. Eine einwöchige Reise über Dippoldiswalde, Altenberg/Zinnwald, Krupka, Johanngeorgenstadt, Gottesgab und Schwarzenberg machte es nicht nur möglich, verschiedene Schaubergwerke zu besuchen, sondern auch einige Kontakte zu knüpfen. Diese Tagesreisen waren einst anders geplant bzw. etwas aus der Not geboren, führten aber dazu, dass der Blick anders gesetzt wurde, Hinweise auf Literatur hinzukamen und manche Dinge konzeptionell umgearbeitet wurden. Für das im aktuellen Wintersemester abzuhaltende Seminar an der TU Chemnitz über die Bergbaukultur ließen sich dadurch eine Vielzahl an Erkenntnissen mitnehmen. Insbesondere für die Bereiche Steinkohlen- und Uran-Bergbau waren die Vorbereitungen auf dieses Online-Seminar hilfreich, da die Literaturrecherchen dahingehend noch nicht ausreichend intensiviert worden sind, nun jedoch auf breiterem Fundament stehen.
Positiv anzumerken ist auch, dass durch die, wenn auch leider verkürzte 4. Sächsische Landesausstellung der Bergbau und auch die Bergbaukultur museal als Wegbegleiter der Industrialisierung in Sachsen thematisiert wurde. Somit war es nicht nur möglich, das Bergbaumuseum Oelsnitz/Erz. trotz der Schließung zur Renovierung und des Neuaufbaus besichtigen zu können. Auch die Zentralausstellung in Zwickau führte mit dem Bergbau ins Thema ein. Mit Besuchen im Museum für mittelalterlichen Bergbau im Erzgebirge (MiBERZ) in Dippoldiswalde, dem Stadt – und Bergbaumuseum Freiberg sowie einzelnen Besuchen in Schauanlagen und -bergwerken konnten zumindest Teile des zweiten Arbeitspaketes zum Thema „Museum“ erschlossen werden. Im Fall des Bergbaumuseums Oelsnitz/Erz. und des Stadt- und Bergbaumuseums Freiberg kann dies als glücklich eingestuft werden, da beide für die nächsten Monate bzw. Jahre geschlossen sein werden und eine Einsicht in die Ausstellungen ansonsten nicht mehr möglich gewesen wären. Auch hier gilt mein Dank Frau van Bömmel-Wegmann bzw. Frau Burghardt (MiBERZ), Frau Riedel (Freiberg) und Herrn Färber (Oelsnitz/Erz.) für die Unterstützung.
Das Welterbe der Montanregion Erzgebirge/Krušnohoří wurde im ersten Jahr natürlich auch nicht ausgelassen. Anhand einzelner Beschreibungen zu einigen Objekten konnte ich mich inhaltlich dem Thema Bergbau nähern und habe diese auch zu unterschiedlichen Zeitenpunkten in diesem Jahr besuchen und besichtigen können. Dankenswerterweise war es möglich, mit der Koordinatorin des Welterbes in Sachsen, Frau Hansell, über die Montanregion und einzelne Projekte sprechen zu können. Für den touristischen Aspekt meiner Arbeit war ein informativer Austausch mit Verantwortlichen des Tourismusverbandes Erzgebirge sehr hilfreich, auch wenn die Tourismusbranche in diesem Jahr ein sehr durchwachsenes Jahr erlebt hat.

Am Ende kann resümiert werden, dass dieses erste Jahr der Bearbeitung ein turbulentes, mitunter ernüchterndes aber nicht in Gänze schlechtes Jahr war. Höchstwahrscheinlich hätte ich verschiedene Kontakte und Gespräche nicht so geführt, wie sie am Ende erkenntnisreich verlaufen sind. Auf der anderen Seite zeigte das Jahr aber auch, dass es hilfreich ist, zwei Schritte im Voraus zu denken.

Ich muss zugebe, ich wäre gern schon an einigen Stellen weiter, als ich es bisher bin. Vieles verlor sich mitunter in Neuplanung und Planänderungen, die auch zu Konzeptänderungen führten. Das frisst Kapazitäten, Energie und Zeit. Es zeigt aber auch, dass es wichtig ist, flexibel zu sein, sich anpassen zu können und auch inhaltlich sich mitunter anders aufstellen zu können, obwohl der Fokus bisher auf etwas anderem lag.

Dieses Projekt macht weiterhin viel Spaß. Es entstehen Ideen und Methoden, an denen ich mich ausprobieren möchte und werde. Nicht alles wird gelingen und auch im zweiten Jahr wird es Hindernisse geben, nicht zuletzt weil die Corona-Pandemie weiterhin das Leben beeinflusst und somit auch das Arbeiten. Phrasen zu bemühen möchte ich an dieser Stelle nicht. Aber wer weiß, wofür der ganze Stress, die Flexibilität gut ist? Ich bin auf jeden Fall gespannt, welche Aufgaben und Erkenntnisse 2021 auf mich warten.

524. Bergstreittag in Schneeberg

Der Besuch des 524. Bergstreittages in Schneeberg am 22. Juli 2020 sollte mein dritter Besuch in Schneeberg innerhalb eines Monats sein. Nach dem ich bereits Gespräche in der Stadtverwaltung hatte, das Siebenschlehener Pochwerk besuchte und den Bergbaulehrpfad abfuhr, stand zum 22. Juli 2020 der Bergstreittag auf dem Programm. Das dieser im Jahr 2020 ein anderer als gewohnt werden sollte, war spätestens nach den ersten, strengen Maßnahmen gegen das Corona-Virus klar. Keine Bergparade, kein Berggottestdienst wie üblich. Dabei blieb es auch. Allerdings war es der Stadt doch möglich, den Bergstreittag nicht gänzlich absagen zu müssen, sodass es ein Alternativprogramm für die Bewohner:innen und Besucher:innen aufgestellt wurde.
Für mich bedeutet der Tag dennoch „Arbeit“, da mir das Ereignis die Möglichkeit bot, mit einigen Aktiven der Bergbauvereine sprechen zu können. Die bisher angesetzetn Treffen fielen aus, weil auch die Vereinstreffen Corona-bedingt nicht stattfinden konnten.

Vorab versuchte ich so viel wie möglich über das Ereignis in Erfahrung zu bringen und musste feststellen, dass die eine Erzählung immer wieder rezipiert wird, eine Klärung des Ursprungs aber im Umklaren bleibt. Sowohl in der Literatur als auch in den zahlreichen Zeitungsbereichten beruft man sich auf die Niederlegung der Arbeit durch die Bergleute aufgrund der Kürzung des Geldes um einen Groschen in den Jahren 1496 und 1498. Die Bergleute streikten, zogen aus der Stadt aus, die Kürzung wurden revidiert und die Bergleute kamen größtenteils an ihre Arbeitsstellen zurück (soweit die Kurzform der Geschichte). Bisher konnte ich nur die Chronik von Christian Melzer im Digiatlisat der SLUB einsehen, in der die Ereignisse kurz beschieben sind. Die Chronik von Petrus Albinus liegt im Digitalisat nicht vor, eine Einsicht erfolgt erst zu einem späteren Zeitpunkt, wenn ich im Schneeberger Stadtarchiv forsche. Da beide Chroniken jedoch teilweise deutlich später als die Ereignisse entstanden, sind Überlieferungslücken bzw. -fehler nicht auszuschließen. Eine kritische Betrachtung wäre in diesem Fall angebracht. Mein aktueller Wissensstand dazu ist auch, dass keine zeitgenössischen Zeugnisse zu den Geschehnissen bekannt sind. Das erschwert eine Untersuchung deutlich.
Eine weitere These besagt, dass der Streittag auf den 1737 erfolgten Protest um die Verlegung der Bergpredigt des Magdalenen-Tages samt der daran gebundenen Freischicht zurückzuführen ist. Im Zuge der Erstellung eines Restripts im Jahr 1738, das die Bergpredigt und die Freischicht festschreibt, bezog man sich angeblich auf die Ereignisse 1496/98. Ob sich der Ursprung gänzlich klären lässt, muss ich an dieser Stelle offen lassen. Dafür fehlt mir aktuell die Einsicht in die Schriften. Eine Positionierung meinerseits wird es daher jetzt nicht geben. Ich bin jedoch gespannt auf das Dokument von 1738 sowie die Einsicht in die Akten und Chroniken in Schneeberg.

Um so viel wie möglich an dem Tag in der Stadt besuchen zu können, begann meine Fahrt von Berlin aus recht früh. Gegen 5:30 Uhr saß ich im Auto und hoffte, bis 9 Uhr in Schneeberg anzukommen. Die erste Station war die Bergsicherung Schneeberg mit der Fundgrube Weißer Hirsch. Diese ist nur zu besonderen Anlässen, wie eben der Bergstreittag, für Besucher befahrbar. Da ich mich im Anschuss mit Volkmar Müller vom Bergbauverein Schneeberg/Erzgebirge e.V. verabredete, wollte ich die erste Führung nehmen. Direkt nach der Ankunft auf dem Gelände der Bergsicherung konnte ich mich mit Geschäftsführer Bernd Schönherr sowie weiteren Mitarbeitern austauschen und erste Fragen wurden beantwortet. Die anschließende Befahrung samt Führung hatte seinen besonderen Reiz, weil man auch vieles nebenbei erfuhr. Anschließend war noch etwas Zeit für ein etwas ausführlicheres Gespräch mit Herrn Schönherr. Vielen Dank an dieser Stelle noch einmal den Mitgliedern der Bergsicherung Schneeberg/Bergbauverein Weißer Hirsch.

Die zweite Station war die Fundgrube Wolfgangmaßen. Einige Mitglieder des Bergbauvereins waren an diesem Tage mit Baumaßnahmen beschäftigt, denn das Pochwerkgebäude wird stetig rekonstruiert, ein Schulungsgebäude ist gerade am Entstehen.
Auch hier war das gegenseitige Interesse sehr groß. Die Mitglieder fassten es als als positiv auf, dass ich mir das Geschehen auch einmal vor Ort ansehe, statt lediglich „aus dem Studierzimmer“ Forschung zu betreiben. Ich kann dem nur beipflichten, dass es diesen Kontakt auch braucht. Es ist mir für das Projekt an sich und für das Verständnis für ihre Vereinarbeit wichtig, das Gespräch zu suchen. Auch wenn den Vereinen heute viele Möglichkeiten zur Eigenwerbung bereitstehen, sie mit eigenen Homepages über Vorhaben, Ziele und Motivation informieren können und auch Zeitungen hin und wieder über sie berichten, ersetzt das nicht den persönlichen Austausch. Ich bin dankbar für die Unterhaltungen und wichtigen Aussagen sowie der kurzen Führung durchs Objekt.
Ich habe mir vorgenommen, den Verein noch einmal aufzusuchen, um weitere Gespräche zu führen. Des Weiteren bin ich daran interessiert, wie es mit ihren Baumaßnahmen weiter geht.

Ich muss zugeben, dass ich nicht dachte, jeweils mehrere Stunden Zeit zu haben, um mich mit den einzelnen Aktiven auszutauschen. Mit Sicherheit wäre unter Nicht-Corona-Bedingungen ein größerer Besucherandrang an den einzelnen Objekten gewesen, was Gespräche nicht in dieser Länge hätte möglich werden lassen. Dies führte aber auch dazu, dass ich meinem eigentlich Plan, den Kreativpfad noch punktuell abzugehen, deutlich hinterher lief. Unter anderem musste ich den BEsuch im Siebenschlehener Pochwerk beim Trubel in der Poche e.V. verschieben. Der Besuch im Schneeberger Braukombinat, vor dessen Türen der Bergchor „Glück auf“ die Gäste mit zahlreichen Liedern unterhielten, klappte noch rechtzeitig. Die Möglichkeit, noch eine musikalische Darbietung zu erleben, konnte ergriffen werden.

Im Anschluss war ich noch mit den Vorsitzenden der Bergbrüderschaft „Schneeberger Bergparade“ e.V. verabredet. Da die Bergparade ausfiel, gab es lediglich einen kleinen Einzug der Mitwirkenden in der Kirche St. Wolfgang anlässlich der Bergpredigt, weswegen sich die Mitglieder davor trafen. Weitere Termine konnten abgesprochen, weitere Kontakte geknüft werden, was mir für die Bearbeitung sehr weiter hilft.
Von vereinzelten Schneebergern, die sich vor den Toren der Kirche versammelten war beim Beginn der Bergpredigt Bedauern zu hören, dass die Kirche nicht für Besucher:innen geöffnet war und man faktisch von den Habitträgern nichts sehen konnte. Wie so vieles in dieser Zeit, war dies nur digital möglich. Die Bergprädigt wurde im Internet gestreamt und ist auch weiterhin unter erzTV im Internet abrufbar. Eine Zusammefassung gibt es auch auf der Stadtseite von Schneeberg.

#KohleBoom in Oelsnitz/Erz.

Wie nun allseits bekannt sein dürfte, startete die 4. Sächsische Landesausstellung dieses Jahr nicht wie vorgesehen Ende April sondern am 10. Juli. Schließlich ist aufgeschoben nicht aufgehoben!
Offiziell für Besucher:innen freigegeben war sie dann einen Tag später am 11. Juli, was mich wiederum bewog, nach Oelsnitz ins Bergbaumuseum zu fahren. Dieses ist mit der Ausstellung #KohleBoom neben der Zentralen Ausstellung eins von insgesamt sechs Schauplätzen und neben dem #SilberBoom in Freiberg einer der zwei Standorte mit explizitem Bergbaubezug.

Beginn der Ausstellung


Eigentlich ist das Bergbaumuseum Oelsniz bis 2023 wegen einer umfassenden Sannierung seit letztem Jahr geschlossen. Die Daueraustellung wird rundum erneuert und ein moderneres Museumskonzept findet in Zukunft Anwendung. Einen Vorgeschmack gibt es bereits jetzt bei #KohleBoom. Die Anreise zur Eröffnung hat sich gelohnt. Von der Entstehung der Kohle bis zur heutigen musealen Umsetzung am alten Gelände des Karl-Liebknecht-Schachtes geht es einmal durch die Geschichte der Kohleförderung in Sachsen. Dabei liegt der Fokus nicht nur auf dem Lugau-Oelsnitzer-Revier sondern es werden auch der einstige Abbau im Zwickauer sowie im Freitaler Revier beleuchtet.
Die Ausstellung ist in mehrere Bereiche unterteilt. mit zahlreichen Karten, Informationstafeln und Schaukästen versehen. Führungen werden selbstverständlich ebenfalls angeboten, diese habe ich allerdings für’s erste nicht in Anspruch genommen, werde dies aber bei einem weiteren Besuch tun. Für den ersten Besuch war es mir wichtig, die Ausstellung erst einmal auf mich wirken zu lassen, mir Zeit zu nehmen und auch einmal Videos und Audiomaterialen mit Ruhe zu nutzen.


Wenn das Interesse sehr ausgeprägt ist, sollten sich Besucher:innen einige Stunden Zeit für die Austellung nehmen, werden dann aber auch mit ausführlichen Informationen versorgt.
Beeindruckend fand ich die Vorführung der Dampfmaschine. Zahlreiche Mitarbeiter:innen des Museums stehen einem mit Erklärungen zu Seite, sodass auch jegliche nachfragen beantwortet werden. Insbesondere für die Generationen, denen der sächsische Bergbau gänzlich fremd ist, ist diese Ausstellung ein guter Zugang für dieses Thema, spezifisch auf den Steinkohlenbergbau versteht sich. So kommen auch auditiv Personen zu Wort, die nach dem Ende des Steinkohlenbergbaus in Sachsen etwas zu Bewahrung und Pflege des Industriedenkmals und der hiesigen Traditionen beitragen. Für jüngere Menschen kann somit vor allem der letzte Abschnitt Ansporn sein, sich etwas näher mit der Geschichte des Bergbaus in Sachsen zu beschäftigen.
Für den musealen Teil meiner Arbeit ist das Bergbaumuseum Oelsnitz/Erzgebirge fest eingeplant, um diese Form der historischen Vermittlung aber auch dem Stellenwert des Tourismus in diesem Bereich Aussagen treffen zu können.

Der nächste Besuch in Oelsnitz ist bereits eingeplant. Und auch dieser wird nicht der Letzte sein.

Nähere Informationen sind zu finden unter:
Bergbaumuseum Oelsnitz/Erzgebirge
4. Sächsische Landesausstellung

Schneeberg I + II

Es klang in den letzten Beiträgen bereits an, dass die Bearbeitung der Disseration durch die Corona-Pandemie und der dadurch berechtigt eingeführten Schutzmaßnahmen erheblich an Dynamik eingebüst hat. Um es vorwegzunehmen, hier ist kein Platz zum Jammern und ich maße mir auch nicht an, über die getroffenen Maßnahmen der letzten Wochen und Monate zu urteilen. Natürlich muss ich nun mit Blick auf den einst niedergeschriebenen Ablaufplan feststellen, dass vieles nicht eingehalten werden kann, wie es einst konzipiert wurde. Mit dieser Einsicht bin ich aber auch nicht alleine. Ich wäre gern weiter vorangekommen, als es jetzt der Fall ist. Ein stückweit müssen Realismus und Pragmatismus nun Hand in Hand gehen. Pläne werden modifiziert und an die neue Situation angepasst. Es ist, wie es eben ist und trotzdem wird das Beste daraus gemacht.
So kam es auch, dass ich meine ersten Besuche ‚vor Ort‘ erst im Juni beginnen konnte. Es war ein langsames Herantasten. Was kann gemacht werden, wo sind bereits Museen wieder auf? Wer ist bereit für ein Gespräch?
Die erste Station war somit eine pragmatische Entscheidung, um einigermaßen systematisch vorzugehen. Ich begann im Westerzgebirge mit der Bergstadt Schneeberg. Die Internetpräsenz der Stadt wurde analysiert (Inmitten der Bearbeitungsphase erfuhr diese einen Relaunch und ich war zugegebenermaßen kurz irritiert. Die Seite ist jetzt aber benutzerfreundlicher, was das weitere Vorgehen deutlich erleichterte.), zahlreiche Beiträge zur Stadt- und Bergbaugeschichte sowie zu den ansäßigen Bergbauvereinen gelesen und die Social Media-Seiten durchgesehen. Hierdurch entstand auch der Kontakt zu Herrn Unger und Frau Espig in der Stadtverwaltung der Bergstadt. Ein sich daraus ergebenes persönliches Gespräch beim folgenden Besuch in Schneeberg war sehr ergebnisreich. Der anschließende Besuch im Siebenschlehener Pochwerk kann in dieser Linie ebenfalls als sehr informativ und erfolgreich gewertet werden (Ein Dank an dieser Stelle noch einmal an Frau Espig für die Vermittlung und Herrn Tabel für die ausführliche Führung). Nach dieser langen Durststrecke ohne persönliche Gespräche war dieser Beginn in Schneeberg mehr als das, was ich für den Anfang erwartete. Das Vorhaben, nicht nur über einen Ort zu schreiben, sondern auch mehrfach vor Ort zu sein, erwies sich in der Rückschau als richtig.

Ein weiterer Besuch in der Stadt führte mich über den Bergbaulehrpfad. Da ich mir bei der Analyse der einzelnen Stadtseiten auch ansehe, welche touristischen Angebote, die in Verbindung mit der Bergbaukultur zu finden sind, stieß ich relativ schnell auf verschiedene Routen rund um die Bergstadt. Der Bergbaulehrpfad bereitet mit seinen zahlreichen Infotafeln einen relativ guten Überblick über das Bergbaugeschehen in und um Schneeberg. Es mag sicherlich hilfrei sein, vorab etwas Kenntnisse über Thema zu haben. Vereinzelte Schautafeln mit Erklärungen, z.B. über die Bewetterung, geben aber auch für Unkundige Überblickswissen preis.
Erfreulich war für mich, dass an diesem Tag das Wetter besonders freundlich war und sich somit ein wunderbarer Blick über Stadt und Landschaft bot. (Weitere Einblicke dazu auch auf meiner Instagram-Seite in den Stories zu Schneeberg.)

Neues vom Schreibtisch

Die letzten Wochen waren geprägt von Literaturarbeit. Neben Titeln zur Bergbaukultur wie „Alles kommt vom Bergbau her“ von Bernd Lahl und Jens Kugler, Gerhard Heilfurths „Der Bergbau und seine Kultur“ oder auch noch einmal einzelne Kapitel von Otfried Wagenbrets und Eberhard Wächtlers „Bergbau im Erzgebirge“ wurde auch das Einführungswerk „Nachhaltiger Tourismus“ von Hartmut Rein und Wolfgang Strasdas einer Durchsicht unterzogen. 
Da sich mit den weiteren Lockerungen der Corona-Schutzmaßnahmen abzeichnete, dass nun die geplanten Untersuchungen in den einzelnen Regionen angegangen werden können, ist der Fokus umso stärker auf die zu untersuchenden Städte gelegt worden. Wie bereits im letzten Post und im Podcastfolge eins angesprochen, wurde in Anlehnung an die „Sächsische Silberstraße“ geschaut, welche Städte für eine nähere Untersuchung herangezogen werden können. Die Vielzahl der Orte mit Bergbaubezug sowie aktiven Vereinen, die auch im Sächsischen Landesverband der Bergmanns-, Hütten- und Knappenvereine e.V. organisiert sind, lassen es leider nicht zu, dass im Rahmen dieser Arbeit allen die gleiche Aufmerksamkeit zuteil wird. Eine Eingrenzung muss her, weswegen ich mich vorerst für die Orte Schneeberg, Aue-Bad Schlema, Annaberg-Buchholz, Geyer, Ehrenfriedersdorf, Oelsnitz, Marienberg, Freiberg, Altenberg-Zinnwald sowie Dippoldiswalde und Freital entschieden habe. Ich betone an dieser Stelle, dass diese Eingrenzung noch nicht final ist und sich im Laufe der weiteren Schritte noch verändern können. Bereits beim ersten Ort, Schneeberg, wird deutlich, dass mit der der Betrachtung des Besucherberkwerks St. Anna am Freudenstein in Zschorlau eine weitere Stätte hinzukommen wird.
Bei den ausgewählten Orten werden nun sowohl die Internetpräsenzen der Stadt samt ihrer Social Media Auftritte, falls vorhanden, auf Verweise zur Bergbaukultur untersucht. Gleiches gilt für die Seiten der Tourismusverbände. Hierbei liegt der Fokus auf Darstellungsinhalt und -art, um im Vergleich mit der jeweiligen Bergbauhistorie ermitteln zu können, ob eine Wichtung hinsichtlich einzelner Aspekte (insbesondere mit Blick auf den Tourismus) vorliegt. Die Umstände für die Darstellungen werden unterschiedlich sein und sollen anhand von Gesprächen mit Aktiven der Bergbauvereine sowie, wenn möglich, mit Vertretern von Stadtmarketing und Tourismus ermittelt werden. Gleichzeitig werden auch historische Ereignisse, unterschiedliche Maßstäbe bei der historischen Aufarbeitung usw. Gründe für eine unterschiedliche Wichtung bei der historischen Darstellung sein. Um die Rezeption darlegen zu können, ist neben der Ergründung aktueller Darstellungen auch der historische Verlauf zu verfolgen. Neben der einschlägigen Forschungsliteratur sind hier insbesondere die Bestände der lokalen Archive sowie des Sächsischen Staatsarchivs in Chemnitz und des Bergarchivs Freiberg durchzusehen. Vor allem anhand der Betrachtung von Entwicklungen der Erinnerungskultur lassen sich Erkenntnisse für eine ausgewogenere und auch selbstkritische Darstellung mit Blick auf die touristische Vermarktung von historischen Bezügen gewinnen. 

Bergbau.KulTour-Podcast

Hier finden Sie alle Folgen des Bergbau.Kultur Podcasts.

Zu dieser Folge findet Ihre die verschriftlichte Fassung hier


Die nächsten Schritte

Der Tourismus im Erzgebirge ist gerade arg gebeutelt, wie auch in den anderen Regionen von Sachsen und Deutschland. Das betrifft die Museen und Schaubergwerke, sowie weitere Zweige, die sich zum bergbaukulturellen Bereich zählen. Ich beschäftige ich mich aktuell intensiver mit der Beziehung jener Zeugnisse und dem Tourismus in dieser Region. Die zahlreiche (Forschungs-)Literatur dazu ist das Eine, die Betrachtung der onlinebasierten Medien das Andere. Insbesondere Letztere sind für mich spannend, weil sie immer wichtiger werden, wenn es darum geht, sich über eine Region zu informieren. Der Input ist vielschichtig und nicht zuletzt schnelllebig, vor allem dann, wenn sich, wie in den letzten Tagen, die Rahmenbedingungen ändern. Um auf die aktuelle Situation zu reagieren, die sich auch auf meine Planung auswirkt, stellte ich mir die Frage der Herangehensweise neu.


Angelehnt an die „Silberstraße“ werde ich verschiedene Objekte der einzelnen Bergbauregionen betrachten. Darunter zählen die historischen Daten und Arbeiten, die zu ihnen vorliegen, aber auch die Darstellungen, die im Internet zu finden sind. Hierzu habe und werde ich einzelne Dossiers anlegen, die mit Informationen gefüllt werden, um herauszufinden, wie die historischen Daten im Verhältnis zu den heute proklamierten Informationen stehen. Ich bin selbst gespannt, inwieweit mir die Melange gelingt, die regionalen Positionen, die auch einen gewissen Identitätsfaktor haben, mit dem in Verbindung zu setzen, was externe Besucher:innen von Kultur und Region erwarten.
Da ich meinen Lebensmittelpunkt aktuell nicht im Erzgebirge habe, ergibt sich ein leichter Vorteil beim Betrachten einiger Forschungsfragen, da ich sie von außen auf das Forschungobjekt stelle. Natürlich sind meine Wege in die jeweiligen Regionen länger und ich muss mir mit Sicherheit den Vorwurf gefallen lassen, wie ich meine Arbeit „anständig“ vollziehen kann, wenn ich nicht vor Ort bin. Der von außen gerichtete Blick sowie die dadurch entstehenden Gedanken erlauben mir aber auch einmal die Position des Besuchers einzunehmen. Das sehe ich als jenen leichten Vorteil an. Ich möchte das allerdings mitnichten als Distanz zum Forschungobjekt verstanden wissen. Es liegt mir sehr daran, dass geographische Distanz nicht eine gleichbedeutende zu den Objekten darstellt. Die bereits zurückliegenden Touren bestärkten mich auch in meiner Herangehensweise, um die Facetten besser darstellen zu können.

Wieder auf Tour (langsam)

Mit dem Ende der Ausgangssperre in Sachsen war es mir wieder möglich, temporär die vier Wände gegen fahrbaren Untersatz, Natur und etwas praktische Tätigkeit zu tauschen. Wie bereits geschrieben, flankiere ich diese Seite mit einem Instagram- und einen Facebook-Profil, um nicht nur meiner Arbeit etwas mehr Breite zu geben, sondern auch um ausloten zu können, welche Möglichkeiten dieses Thema im Social Web bietet. Wie ist das Thema im Netz präsent, wie stellt es sich dar, welche Formen nimmt es an? Ziel ist es aber vordergründig, in den Austausch mit Menschen zu kommen, die sich in unterschiedlichsten Facetten dem Thema Bergbaukultur nähern und widmen.
Wie passt das mit meinem Thema zusammen?
Geschichtswissenschaft klingt für viele Menschen oft sehr trocken. Die Vorstellung, Forscher:innen sitzen in Kellern vor alten, verstaubten Schriften, ist hierbei ein gängiges Klischee, dem ich gern entgegen wirken möchte. Auch ich verbringe aktuell und sicher noch eine Vielzahl an Stunden in Bibliothelen, Archiven oder, wie jetzt, im Homeoffice, um zu lesen, zu recherhieren und Sachverhalte zu verstehen. Wissenschaftliches Arbeiten hat aber auch viel mit Austausch, Gesprächen und mit geographischen Räumen zu tun. Es ist für mich daher inhaltlich wie für das Gesamtverständnis wichtig, die Räume gesehen zu haben, mit denen ich mich beschäftige. Und sie immer wieder zu sehen.
Aus diesem Grund habe ich seit die Lockerungen zwei Touren unternommen. Eine über Lauenstein, Altenberg, Zinnwald, Olbernhau, Pockau-Lengefeld, Großhartmannsdorf. Die Zweite nach Schneeberg, Aue-Bad Schlema, Wildbach und Hartenstein, mit einem Stop auf der Rückfahrt auf Schloß Augustusburg. Beide Tagestouren waren vordergründig Fototouren, da die meisten Objekte auf dieser Strecke noch geschlossen hatten und ein Besuch dieser nicht möglich war. Zusammen mit einer kurz vor der Ausgangssperre vorgenommenen Tagesreise nach Oelsnitz, Schneeberg, Bad Schlema, Geyer, Annaberg-Buchholz, Wolkenstein und Marienberg sind diese „Erkundungsfahrten“ Arbeit und Entspannung zugleich. Einige Fotos davon stelle ich samt Kurzerklärung nach und nach bei Instagram ein. Ein Mittel, landschaftlich die Vielfalt abzubilden. Gleichzeitig aber auch, um bei anderen Fotograf:innen zu sehen, wie ihr Blick auf die Umgebung ist. Auch hier werde ich den Austausch suchen.

Ich hoffe und wünsche mir, dass diese Touren wieder regelmäßiger werden, mit mehr Interaktion und Gesprächen (natürlich unter den empfohlenden Sicherheitsmaßnahmen, klar), denn der touristische Aspekt ist für mich ebenso bedeutend, wie der historische. Beides zusammen geht nur mit einem Blick auf Landschaft, Raum und Objekte. Die Lockerungen werden es zeigen.

Arbeiten an meiner Dissertation

Wie sieht ein Arbeitsalltag bei mir aus? Hierbei muss ich ein wenig in die Rückschau gehen.
Ich habe den Zuschlag für die Ausführung dieses Projektes kurz vor dem anvisierten Beginn am 1. Oktober 2019 bekommen, weshalb der Start eine Mischung aus Freude, Überraschung und der Sprung ins buchstäbliche Kalte Wasser war. Obwohl ich mich mit dem Thema im Zuge der Antragstellung ein wenig beschäftigte, stand eine intensivere Literaturrecherche sowie das Verschaffen eines Überblicks erst noch an. Ich begann intensiver zu recherchieren, welche Texte, Bücher, Aufsätze über das Thema verfasst wurden. Allein in den ersten Tagen kann sich diese Tätigkeit über mehrere Stunden hinziehen und man gerät sehr oft vom Hundertsten ins Tausenste. Viele Nebenaspekte scheinen wichtig, dieser und jener Weg klingt interessant … Die Anfangssuche ist nicht unbedingt einfach, auch nach Studium und zahlreichen Projektarbeiten nicht. Hilfreich sind hierbei klare Linien und Kriterien. Ich muss jedoch zugeben, dass die Einhaltung dieser nicht immer einfach ist. Vor allem dann nicht, wenn man zwar ein Konzept im Kopf hat, man sich aber in viele Dinge erst einlesen muss. Klar ist aber auch: „Jeder hat einmal ohne Ahnung angefangen“. Sich einmal in Nebenlinien zu verzetteln, ist dann auch ok. So boten die für die Rechere zur Verfügung stehenden Portale und Bestellmasken der Bibliotheken ein Tummelplatz für die ersten Tage. Die ersten Bücher, die mir als Einsteig dienten, waren, „Bergbau im Erzgebirge“ von Otfried Wagenbreth und Eberhard Wächtler, „Bergbaukultur im Erzgebirge“ von Gerhard Heilfurth und „Montanlandschaft Erzgebirge“ in Herausgeberschaft von Sönke Löden (die Literaturangaben werde ich gesondert hier listen).
Darüber hinaus galt es den Projektplan umzusetzen und somit die einzelnen Maßnahmen en detail zu be- und erarbeiten. Da ich es als sinnvoll erachte, die Bergbaukultur aus der heutigen Sicht in Rückschau zu betrachten (Stichwort: Top down), nahm ich mir auf Grundlage der alten Homepage des Sächsischen Landesverbandes der Bergmanns- Hütten- und Knappenvereine e.V. deren Mitgliedsvereine vor und ging, soweit möglich, deren Internetpräsenzen durch (nach grundlegender Neugestaltung ihrer Seite und der Anpassung der Mitgliedervereine passte ich die Informationen Anfang 2020 noch einmal an). Mir war es wichtig, erst einmal zu erkennen, wie sich die Aktiven der heutigen Bergbaukultur präsentieren. Ich will ergründen, ob Bezugspunkte ersichtlich sind, die alle Vereine verbindet. Gibt es Erkenntnisse darüber, wie der Begriff „Bergbaukultur“ zu fassen ist? Und mit dem Aspekt des Tourismus im Hintergrund ist es für mich unerlässlich zu ergründen, inwieweit die Tätigkeit der Vereine Aussagen darüber zulassen, ob und wie sie sich für diesen öffnen oder nicht (Veranstaltungen, Lehrpfade etc.).
Für die Festlegung der Methodik begann ich einschlägige Werke zur Transformations- und Ritualtheorie zu lesen. Besonders intensiv nahm ich mir jedoch die Definition von „Idenitität“ bzw. „regionaler Identität“ vor. Die Bergbaukultur wird immer wieder als identitätsstiftend bezeichnet, was m.E. seine Berechtigung hat. Hierfür bedarf es Belege, die in Aussagen und Handlungen der Menschen zu finden sind, die es zusammenzutragen gilt. Das ist insbesondere dann von Relevanz, wenn die zu untersuchende „Identität“ unter dem Blickwinkel der Transformationstheorie betrachtet wird. Das ist schon allein deswegen notwendig, wenn man sich vor Augen führt, dass die Ausübung des Berufs des Bergmann nach der Wiedervereinigung erheblich nachgelassen hat, eine Art „Identität“ bzw. Selbstbewusstsein, dennoch an Folgegenerationen weitergetragen wird.

Hieran wird deutlich, dass die erste Zeit der Arbeit an diesem Projekt viel mit Lesen zu tun hat. Lesen, abgleichen mit den Fragen und Annahmen, die an die einzelnen Teilaspekte gestellt werden, gegebenenfalls die Ausrichtung der weiteren Schritte anpassen, neue Literatur bestellen, weiterlesen. Hinzu kamen erste Kontaktaufnahmen mit den Vereinen des Sächsischen Landesverbandes der Bergmanns-, Hütten- und Knappenvereine e.V.. Zu Beginn der Weihnachtszeit und dem entsprechend zu „Saisonbeginn“ der Bergparaden keine leichte Aufgabe, schließlich sind die Vereine viel unterwegs, die Zeit ist knapp.
Die Arbeit ist auch ein Geduldspiel, vor allem dann, wenn die Informationen außerhalb von Büchern zu finden sind. Wenn ich davorn spreche, dass jene Vertreter:innen der Bergbauvereine Quellen sind, meine ich das respektvoll. Schließlich sind sie Teil dieser Kultur, haben Aussagen dazu beizutragen, die nur sie wissen. Es gilt daher besonders ihre Tätigkeiten zu respektieren. Schließlich widmen sich die wenigsten dem Erhalt hauptberuflich. Der überwiegende Teil ist ehrenamtlich, betrifft also ihre Freizeit. Wenn der eigene Forscherdrang zu ergeizig ist, muss auch ich mir das immer wieder vor Augen führen.
Um dennoch das Wissen der Akteure erfassen zu können, was gleichzeitig für mich die Quelle der Vielfältigkeit dieser Kultur darstellt, erarbeitete ich einen Fragebogen, der an bisher 48 Vereine ausgegeben wurden.

Ich stehe daher aktuell an einem Punkt, an dem sich langsam das einstige Konzept mit einem Grundgerüst an Informationen und Wissen füllt. Gepaart ist dies mit vielen Aha-Momenten, die oftmals jedoch auch Gabelungen aufzeigen, die neue Wege vorausahnen lassen.
Die vorliegende Seite war eine Gabelung, dessen Weg es zu gehen gilt. Ein weiterer ist die Verschriftlichung des Theorieteils. All dies erfolgt Etappenweise, da der Teil des wissenschaftlich-technischen Bereichs nicht nur die Auswahl von Beispielobjekten erfordert, dessen Literatur- und Quellenmaterial besorgt werden muss. Ebenso möchte ich an den ausgewählten Objekten auch mit jenen Menschen sprechen, die Vorort am Erhalt und der Weitergabe von Wissen beteiligt sind. Lesen, schreiben, besuchen. So der Plan, zumindest bis Anfang März. Und dann kam die Corona-Pandemie.