Buchbesprechung: „Glück auf! Der Steiger kommt.“

Hier findet Ihr die Verschriftlichung der Podcastfolge: Buchbesprechung: „Glück auf! Der Steiger kommt.“
Ich möchte damit auch jenen die Möglichkeit geben, dem Text zu folge, die eine Beeinträchtigung beim Hören haben oder keine Möglichkeit besitzen, die Folge zu hören.

Diese Podcastfolge bespricht das Buch „Glück auf! Der Steiger kommt.“ Allerlei zur Geschichte und Bedeutung eines sächsischen Volksliedes., geschrieben von Heino Neuber, herausgegeben vom Sächsischen Landesverband der Bergmanns-, Hütten- und Knappenvereine e.V.

Näheres dazu: https://knappenverein.de/glueck-auf-der-steiger-kommt-spannender-streifzug-zur-heimlichen-hymne-des-erzgebirges-erschienen/

Text:

„Überblickt man die Gesamtüberlieferung, so kann kein Zweifel bestehen, daß dem sogenannten ‚Steigerlied‘ Glückauf, Glückauf, der Steiger kommt eine besondere Bedeutung zukommt und es als DAS Bergmannslied Gültigkeit hat. Was die Menge und weiträumige Verbreitung seiner Belange, die aktive Wirksamkeit und Lebenskraft anbetrifft, steht es mit großem Abstand an der Spitze aller Bergmannslieder. […] Andererseits ist es auch unter den Bergmannsliedern das eigentliche ‚Volkslied‘ mit allen Merkmalen, die von der Forschung dafür als kennzeichnend erarbeitet worden sind, als ein wirklich lebendiges, dem Fühlen und Denken, der Sprachweise und Singform breiter Volkskreise entsprechendes Lied.“[1]

Hallo und Glück auf zu einer neuen Folge des Bergbau.KulTour-Podcasts. Wie einführend schon gehört geht es heute um das „sogenannte Steigerlied“, so wie es auch vom eben zitierten Sozial- und Kulturwissenschaftlers Gerhard Heilfurth benannt wurde.

Und da sind wir auch gleich schon drin im Thema. Das Zitat eröffnet auch das heute hier zu besprechende Buch „„Glück auf Der Steiger kommt.“ Allerlei zur Geschichte und Bedeutung eines sächsischen Volksliedes“ geschrieben von Heino Neuber. Herausgegeben vom Sächsischen Landesverband der Bergmanns- Hütten und Knappenvereine e.V. als ersten Band der Schriftenreihe zum Sächsischen Berg- und Hüttenwesen.

Ein kompaktes, 116 Seiten starkes Buch über die Geschichte eben jenes Liedes, dass zurecht als ein Wahrzeichen der Bergbaukultur herzunehmen ist.

Selbst wenn man sich mit dem Bergbau und seiner Kultur eher nicht beschäftigt, ist es den meisten Menschen in Auszügen bekannt. Das kann man, glaube ich, schon so behaupten.

Anschub für dieses Buch war die Einbringung eines Antrags des Ruhrkohle Musik e.V., das Lied ‚Glückauf der Steiger kommt‘ in das bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes eintragen zu lassen. Der Sächsische Landesverband hat sich in diesem Zuge an den Verein gewandt, um -sagen wir mal, den Wunsch zu äußern, man hätte das doch gemeinsam einbringen sollen. Auf die Thematik gehe ich jetzt auch nicht weiter ein. Zusammenfassend ist der Umstand im Auftakt des Buches auch noch einmal kurz umrissen.
Fakt ist, das Lied ist aktuell lediglich im Landesinventar des Landes Nordrhein-Westfalen eingetragen.[2] Ein gemeinsames Antragsverfahren zur Eintragung ins bundesdeutsche Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes ist nun im Werden.

Aber warum ist es mir so wichtig dieses Buch hier einmal zu thematisieren?
Nun, zum einen ist dieses recht frische Werk gut geeignet ein praktisches Thema der Bergbaukultur einmal näher zu betrachten. Zum anderen sei an jene Geschichtsinteressierte der Hinweis gegeben:
Zögert nicht, euch auch einmal solchen Dingen zuzuwenden. Das mag der eine oder die andere als Nischenthema betrachten, aber genau das macht es gerade interessant. Landesgeschichte kann durch solche Themen frisch und lässig werden, wenn man sie mal durch eine andere Perspektive betrachtet. Das Buch bietet jetzt keine spezifische Popkulturforschung, doch mit dem nötigen Rüstzeug wäre auch das möglich.[3] Darauf will ich jetzt aber gar nicht hinaus.

Was ich damit sagen will: Öffnet euch ruhig auch nicht offensichtlichen Themen, weil es vielleicht auf den ersten Blick nicht so interessant wirkt.
Und ja, ich spreche das jetzt mal konkret an, denn hier geht es um ein – ja sagen wir es, wie es ist, vermeintlich „sächsisches Volkslied“. An dieser Stelle, ohne das jetzt wertend zu meinen, verwechselt das bitte nicht der allgemeinen subjektiven Vorstellung von Volksmusik oder volkstümlichen Musik. Diese Vorstellung bzw. die Scheuklappen schon einmal ablegen. Da hat man gleich erst einmal eine Blockade im Kopf oder gar eine gewisse Abwehrhaltung. Das hindert nur.

Im Buch wird das Volkslied als Begriff im Übrigen eher mit „ein im Volke lebendiges Lied[4] umrissen. Ehe ich mich hier allerdings in Begriffsdefinitionen verfahre, rudere ich kurz zum Ausgangpunkt zurück.

Schlagen wir das Buch einmal auf und schauen genauer rein.

Wie bereits gesagt: Der Umfang beläuft sich auf 116 Seiten: eingeteilt in elf Kapitel zuzüglich des Auftakts und der als Einstimmung betitelten Einleitung sowie der am Ende dazugehörigen Register und Verzeichnisse

Ich könnte nun das Inhaltverzeichnis einmal vortragen, da allein daran schon deutlich wird, wie an die Untersuchung des Liedes herangegangen wurde. Ich lasse das an dieser Stelle jedoch und gehe in den nächsten Minuten lieber einmal von Kapitel zu Kapitel und gebe einen Einblick, was darin vollzogen wurde.

Ich betone das an dieser Stelle gern noch einmal, das ist hier kein Ersatz dafür, sich dem Buch selbst zuzuwenden. Das ist hier auch keine Werbesendung. Vielmehr eine Anregung, sich solchen Themen zu nähern.

Nun aber mal zum Text:

Im ersten Kapitel „Wach auff! Wach auff! Der Steiger kömmt…“ – vom Herkommen und der Herausbildung des bekanntesten Bergmannsliedes im sächsischen Erzgebirge“[5] geht der Autor Heino Neuber auf die verschiedenartigen Zu- und Eingänge der Strophen ein, blickt auf die heute nachweisbaren Erwähnungen sowie deren Herleitungen aus Bergreihen.

Auch wenn ich zugeben muss, dass das Buch kein Exemplar zum schnellen Weglesen ist – man steht schnell im Stoff und wird sofort mit den einzelnen Varianten und Nachweisen konfrontiert. Das sollte jedoch nicht abschrecken. Selbst wenn die Begriffe „Bergreihen“ und „Kontrafraktur“ unbekannt sind, ist das kein Grund, schon im ersten Kapitel zu kapitulieren. Zum einen, weil am Ende des ersten Kapitels auf die Bergreihen noch einmal näher eingegangen wird. Zum anderen, weil die Suche in gängigen, meist im Internet befindlichen Nachschlagewerken nun doch fast ein Automatismus ist, der bei Unsicherheit und vermeintlichen Nicht-Wissen locker von der Hand geht.

Bei Kontrafaktur in diesem Sinne handelt es sich im Übrigen um die Entnahme und Abänderung eines Textes bei gleichzeitiger Beibehaltung der Melodie.
Ja, ich hab nachgeschaut …

Heino Neuber macht deutlich, welche Zusammensetzung und Veränderung das Lied in der frühen Phase nahm. Bei sein en Ausführungen, und das zieht sich durchs ganze Buch, schiebt er immer wieder erklärende Absätze zu Personen oder Strophen hinein.
Lasst die Fußnoten aber nicht unbeachtet. Nicht nur, weil es bei der Einordnung der zahlreichen Nachweise hilft – die ein oder andere Erklärung ist auch für das Gesamtverständnis nicht ganz unwichtig.

Das zweite Kapitel: „In’s Bergwerk hinein, Wo die Bergleut sein;…“ – zur Überlieferung in den vornehmlich west- und süddeutschen Landschaften unter Beachtung von Wendungen und Reihungen des gegenwärtig in Sachsen in Verwendung stehenden Wortlautes.[6]
Darin bezieht sich Neuber auf die Zeit des 18. und 19. Jahrhunderts. Er geht auf verschiedenen Fassungen der genannten Gebiete ein, nennt dabei explizit deren Verweise auf die Herkunft der Liedfassungen und macht auf Besonderheiten im Textaufbau aufmerksam.
Hinweise auf sächsische Fassungen werden ebenso hervorgehoben wie gleichermaßen ein Fehlen solcher Bezüge. Diese detaillierten Anmerkungen auf Worte oder Wendungen mag erst einmal etwas speziell rüberkommen. Doch gerade diese Hinweise macht die Suche nach den Feinheiten und regionalen Abänderungen spannend und besonders. Für die Entwicklung zu den heute gebräuchlichen Versionen sind diese Verweise wichtig, wie sich in den kommenden Kapiteln herausstellt wird.

Gleich einmal eingeschoben, weil es von der Reihenfolge beim Blättern gerade passt: Das Buch hat drei unterschiedlich große Tafelblöcke, also auf Hochglanzpapier gedruckten Bildtafeln. Das gibt dem Buch nicht nur einen bunten Nebeneffekt, nein, die Tafeln veranschaulichen auch noch einmal das Gesagte. Neben Buchcovern und Einblicken in die zitierten Werke gibt es Abbildungen zahlreicher Bergsänger und -musikanten. U.a. jener Teil, der Bergsänger auf dem Fries zum Bergaufzug anlässlich des Saturnusfestes 1719 zeigt.
Auch die genannten Protagonisten und Initiatoren der Liedersammlungen sind mit Abbildungen versehen.

Aber vor allem die Kopien von Originalüberlieferungen aus dem 16. oder 18. Jahrhundert transportieren das gewisse Etwas. Man hat die Quellen einmal vor sich, kann sich in den Abschnitten selbst im Lesen dieser probieren oder betrachtet schlichtweg die Gestaltung der teilweise kunstvollen Seiten und Cover.

Doch zurück, nun in Kapitel Drei: „Wer hat denn nun das Lied erdacht?“ – zur weiteren Herausbildung und zum Nachweis des Liedes in Sachsen bis nach 1900 unter Sichtbarmachung von spezifischen Bezügen zur frühen deutschen Volksliedüberlieferung.[7]

Wurde in den ersten zwei Kapitel deutlich, wo erste Überlieferungen lagen und welche Verbreitungen in verschiedenen Formen das Lied in den Regionen außerhalb Sachsens nahm, beschäftigt sich das dritte Kapitel mit der Weiterentwicklung in Sachsen. Der Autor geht dabei auf die Arbeit von Dr. Moritz Döring ein, der auf Anregung von Oberberghauptmann August Wolfgang von Herder eine Sammlung Sächsischer Bergreihen erstellte. Interessant dabei ist, wie die Sammlung zustande kam. Und hier liegt ein wichtiger Punkt, den es zu beachten gilt, wenn man nachverfolgen möchte, wie Versionen sich verbreiteten oder weiterentwickelten. Döring nahm mündliche Überlieferungen auf. Wobei wichtig zu erwähnen ist, dass er dabei außersächsische Formen nicht berücksichtigte.[8]

Für jene von euch, die sich, unabhängig von diesem Buch und Thema, mit historischen Dingen beschäftigen möchten: Immer auch einmal die Frage im Hinterkopf behalten, wie eine Quelle überliefert ist, woher sie entstammt und von wem. Abänderungen im Text, die auf mündliche Überlieferungen zurückzuführen sind, können auf regionale Besonderheiten hindeuten. Deshalb ist es dann doch nicht so speziell, wenn auf besondere Wörter oder Wendungen in einem Text geachtet wird.

Worauf Heino Neuber in diesem Kapitel ebenfalls gesondert aufmerksam macht, ist, dass in den Sammlungen von Döring sich der erste Bezug auf den Beginn des Liedes mit dem Bergmannsgruß: Glück auf! findet.[9]

Ebenso hebt er hervor, dass es eben kein Kunstlied aus einem Guss ist. Es ist ein „lebendiges“ Lied, was durch das Singen im Allgemeinen und das Umherziehen von Bergmusikanten aber auch Bergleuten Verbreitung fand – und das in verschiedenen Versionen.[10]

Deshalb eben der Verweis auf die unterschiedlichen Überlieferungsformen, was auch Neuber anschaulich nachzeichnet.

Es wird darauf hingewiesen, dass die in Sachsen verbreiteten Versionen deutlich volkstümliche Elemente aufwies, als anderswo.[11]

In diesem Zuge ist mit dem Verweis auf die drei Hefte „Erzgebirgischer Berglieder“ des Schneeberger Kantors Bruno Dost noch ein weiter Weg aufgezeigt. Die Hefte führten in Schneeberg und Umgebung zu einer lebendigen Verbreitung, insbesondere durch seinen Bruder, dem Lehrer Alfred Dost. Allerdings ist das Lied in Schulbüchern in Sachsen um die Jahrhundertwende nur verändert oder gar nicht enthalten, trotz dass der eben angeführte Alfred Dost an deren Bearbeitung dieser mitwirkte.

Anhand der Bücher, so legt es Neuber dar, änderte sich das bis in die 1930er Jahre nicht. Auch hieran wird deutlich, dass bei der näheren Betrachtung von regionalen und überregionalen Verbreitungen des Liedes danach gefragt werden muss, wer sich um ein aktives Singen bemüht und welche Stellen eine Verbreitung mitgetragen haben oder welche nicht.

Im vierten Kapitel: „Die Bergleute sein kreuzbrave Leut‘…“ – der Einfluß des weitverbreitetet „Liederbuch für Berg- und Hüttenleute“ des „berg- und hüttenmännischen Vereins zu Berlin und der Breslauer Knappschaft“[12] geht es tiefer rein in die Feinheiten des Textes und der Strophen.

Ein besonderes Augenmerk liegt hier bei der fünften sowie sechsten Strophe samt ihrer Ausformung und Nachweise. Wie in der Kapitelüberschrift bereist angedeutet, sollten die sangesfreudigen Studenten bei der Verbreitung des Liedes nicht unbeachtet bleiben. Dieser Blickwinkel ist, hier angesprochen, irgendwie logisch und beim Lesen des Kapitels besonders nachvollziehbar. Vor allem dann, wenn Heino Neuber darauf hinweist, dass die Studenten nicht nur für die Verbreitung außerhalb von Sachsen wichtig waren, sondern sie auch für die anderen, da hineintragenden Formen verantwortlich gemacht werden können.[13]
Der Hinweis auf die als Tafelbild abgedruckten, 1921 vom Stadtrat Freiberg herausgegebenen „Gutscheine“[14] sind dafür ein weiteres Zeugnis. Die mit einzelnen Strophen und Illustrationen versehenen Scheine sind nicht nur eine interessante Quelle, sondern auch noch etwas fürs Auge.

Wir blättern weiter zu Kapitel 5 „und kehr ich heim zum Schätzelein“ – die Weiterentwicklung im sächsisch-erzgebirgischen Raum in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts unter dem Blick auf Wechselwirkungen mit der Liedüberlieferung anderer Regionen.[15]
In diesem Kapitel wird auf die jüngeren, regional gesungenen Formen eingegangen und somit der Versuch unternommen, den Blick weiter auf die Praxis zu lenken.

Im Raum steht immer die Frage, welche Verbreitung das Lied hatte und welche Verbindungslinie in den verbreiteten Liederbüchern zu finden sind.
Hierbei vergleicht der Autor drei Bücher. Das „Lesebuch für berg- und hüttenmännische Fortbildungsschulen“ aus Leipzig von 1904, dann das 1921 in Eisleben erschienene Bergmännische Handbuch für Schule und Haus. Beide nehmen im hiesigen Fall Bezug auf das preußisch-schlesische „Liederbuch für Berg- und Hüttenleute“ aus dem Jahre 1862, das bereits bei der Fassung für das „Exkursions-Liederbuch für Berg- und Hüttenleute“ der Freiberger Studenten Pate stand. Insbesondere Letzteres hatte unter den Studenten seine Verbreitung und transportierte die Schlesisch-Preußische Variante ebenso wie es die beiden erstgenannten Bücher taten. [16]

Also quasi ein Bezugstext, drei Weg.
Dem nicht genug, findet sich diese Fassung im Liederbuch der Wandervogel- und Jugendbewegungen namens „Zupfgeigenhansl“ ab 1910 wieder. Allerdings, so schreibt Neuber, mit der einen in altsächsischer Form gesungenen dritten Strophe.[17]

Warum mach ich das an dieser Stelle so ausführlich? Heino Neuber zieht hier in puncto Verbreitung eine neue Linie zu zwei weiteren Büchern. Zum einen zum „Liederbuch des Erzgebirgsvereins“ und zum anderen des 1938 von Friedrich Emil Krauß herausgegebenen „Die silberne Glocke“. Trotz festgestellter Abweichungen führt er uns Leser auf einen Pfad der Verbreitung, der den zweiten Weltkrieg überdauerte.

Ihr merkt, es wird an dieser Stelle immer mehr an Verbindungslinien und jenen Fassetten, die Beachtung finden. Es ist auch nicht schlimm, wenn spätestens jetzt Verwirrung aufkommt und ihr das Gefühl habt, ihr kommt nicht mehr mit. Wie gesagt, ich will das Buch hier nicht vorlesen.
An dieser Stelle im Buch kam es auch bei mir vermehrt zum Blättern. Welche Verbindungslinie hat er genommen? Wo findet sich das noch einmal?
Rein von der Quellensicht ist das auch nicht verwunderlich, wenn es plötzlich immer mehr Stellen werden, die bei solch einem Projekt abzugleichen sind, weil die Wahrscheinlichkeit der Überlieferung auch höher ist. Umso mehr Liederbücher Verbreitung finden und auch gedruckt werden, umso wahrscheinlicher ist es, dass Quellenarbeit größer wird und auch ausufern kann.
Im hiesigen Buch ist die Auswahl insgesamt gesehen recht ausführlich und rund. Hilfreich ist es dennoch, sich beim Lesen Zeit zu nehmen und zu blättern. Insbesondere dann, wenn Textpassagen zum Nachvollziehen abgedruckt sind und Informationen separat eingefügt werden.

„Aus Felsgestein graben sie das Gold; dem schwarzbraunen Mägdelein dem sein sie hold.“ – zu Einflüssen auf die weitere Herausbildung im mitteldeutschen Raum unter veränderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen nach 1946 [18]– das sechste Kapitel – schreitet ungehindert auf dem eben angesprochenen Pfad weiter.
Mit einer Textfassung, die in einem weiteren von Krauß bereits 1937 herausgegeben Buch „Lieder der Blechschmiede“ veröffentlicht wurde, weist Neuber auf die Nähe von Krauß zur Wandervogelbewegung sowie zum Erzgebirgsverein hin.
Zum anderen nahm diese Fassung Einzug in ein erstes Liederbuch der FDJ 1946.

Daran anschließend führt Neuber die Wandlungen des Textes im Laufe der DDR in unterschiedlichen Ausgaben des FDJ-Liederbuches aus. Wie in den anderen Kapiteln, werden auch hier die Bezüge zu älteren Textfassungen deutlich gemacht. Hier sogar bis zur Beachtung einzelner Wörter wie z.B. die Verwendung des Wortes „Schätzelein“.[19] Das zeugt weiterhin von einer hohen Detailtreue bei der Bearbeitung. Das hört sich erneut sehr nerdig an. Es zahlt sich jedoch an anderer Stelle aus. Z.B. als er darauf hinweist, dass in der 1985er Ausgabe des FDJ-Liederbuches zwar in beiliegenden Erklärungen auf Fassungen aus dem 16. und 18. Jh. hingewiesen wird, dies rein textlich aber nicht übereinstimmt.

Mit dem siebenten Kapitel verkleinert Neuber den Radius noch einmal.
In „Ade, süße Braut! … und kehr‘ ich nicht wieder aus dunklem Schacht, dann gute Nacht!“ – zur Prägung und Fortschreibung im studentischen Leben, insbesondere bezogen auf die Bergakademie Freiberg und ihr Umfeld[20] – liegt der Blick, wie sollte es anders sein, auf vermeintlich gebräuchlichen Formen, die Studenten an der Bergakademie sangen.

Auch hier werden Liederbücher, die an der Bergakademie Mitte der 1970er Jahren herausgegeben wurden, u.a. mit der Fassung aus dem „Liederbuch der deutschen Jugend“ von 1964 verglichen.

Zum einen kommt er zum Ergebnis, dass von einer „Freiberger Fassung“ in Abgleich mit der heute gebräuchlichen Version nicht gesprochen werden kann.[21] Zum anderen, dass der Abgleich mit Kommersbüchern aus dem 19. Jahrhundert – also den Liederbüchern von Studentenverbindungen –darin keine Version aus Sachsen zutage brachte.[22]

Im achten Kapitel – „Die Bergleut sein so hübsch und fein, …“ – zum gegenwärtigen Stand der Liedüberlieferung in Sachsen im Hinblick auf eine „gebräuchliche Fassung“, untersetzt um einen Blick auf die Entwicklung seiner Wortlaute.[23] – kommt Heino Neuber zu dem Schluss, dass es die Quellenlage   nicht möglich macht, dass es DIE in Sachsen gebräuchliche Fassung gibt.

Noch Ende der 1990er Jahre kursierten eine Liedpostkarte, deren 4 Strophen auf jene Textzeilen aus dem 16. und 18. Jahrhundert Bezug nehmen, die bereits im ersten Kapitel ausführlich dargelegt wurden. Es ist die Textfassung, die im Liederbuch „Haamitland, mei Arzgebirg“ zu finden ist und Bezug nimmt auf jene Fassung, die Helmuth Stapff bereits 1938 erarbeitete.[24]

Auch hier hilft es sicherlich noch einmal hin- und herzublättern.

Sie ist heute im Erzgebirge sehr verbreitet. Selbst der Sächsische Landesverband nahm 1995 diese Version als eine von zwei abgedruckten Fassungen in seinem Liederheft auf. Neuber schlussfolgert daraufhin, dass jene Fassung eine im Erzgebirge über Jahrzehnte hinweg sehr lebendige Version war und ist.[25]

Um das Gesagte zu unterstreichen liefert das Buch an dieser Stelle ein „Verzeichnis des Wortlautes der Wesentlichen Strophen der im Buch genutzten Fassungen“[26]mit. Wer also beim Lesen zwischendurch etwas durcheinandergekommen ist, kann die Strophen hier noch einmal abgleichen.

Was natürlich noch fehlt ist die Frage nach der Melodie. Da schafft Kapitel 9 – „Mäßig bewegt.“ Über „Frisch. Bis „Sehr schnell.“ – einige Gedanken und Angaben zur Melodie-Überlieferung des Liedes[27] – Abhilfe.

Zwei wesentliche Dinge gibt es hier kurz anzubringen. Heino Neuber sagt deutlich, nicht alle Liedersammlungen, die in dem Buch aufgezeigt wurden, haben eine Notationen mitgeliefert.

Auch fehlte sehr oft der Verweis darauf, nach welcher Melodie gesungen wurde.

Er gibt aber auch an, dass die heutige Melodie nicht unbedingt die urtümliche Melodie gewesen sein soll, nach der die ersten Fassungen in Sachsen gesungen wurde. Vielmehr war da jene, die man heute als Glückauf-Fanfare kennt.[28]

Auch hier schafft es Heino Neuber, wie auch bereits an anderen Stellen, anschaulich die melodischen Belege anzubringen. Ihr werdet es sehen, man kommt an der einen oder anderen Stelle nicht drumherum, selbst einmal die Probe aufs Exempel zu machen. Viel Spaß beim Singen.

Nun sind wir auch schon kurz vor dem Ende angelangt. Zwei kleine Kapitel haben wir noch.

Nummer 10 – „Es ist bergmännisches Standardlied und echtes Volkslied“ – die Bedeutung der sächsischen an der gesamten Überlieferung; nebst einigen sich daran schließenden Gedanken zu Gegenstand und Aufbau [29]– sowie mit „Glückauf Glückauf! Eine letzte Zeile noch.“[30] Also das letzte Kapitel.
Die beiden letztgenannten fungieren sozusagen als Fazit und Ausblick. Ich halte an dieser Stelle inne und überlasse jedem selbst das Lesen dieser Zeilen.

Ich denke, es wurde aber bis hierher deutlich, dass dieses Lied seinen Weg auf verschiedene Weise durch die Bergbaugebiete Deutschlands genommen hat. Dass die Wurzeln des Liedes „Glück auf! Der Steiger kommt“ in den Bergbaugebieten des Erzgebirges zu suchen sind, darf nach der Lektüre mitgenommen werden.

Natürlich, und das gebe ich ganz offen zu, war diese erste Buchbesprechung gerade wegen der quellennahen Besprechung des Stoffes nicht der einfachste Einstieg so etwas zu machen.

Es hat sich jedoch angeboten, da ich selbst gespannt auf den Inhalt war und es gleichzeitig die Möglichkeit gab, sich auch einmal daran abzuarbeiten.

Ich bin bereits am Überlegen, welche anderen Themen in solch einem Format auch besprochen werden können.

Ein paar Gedanken liegen hierbei bereits zum Bergmannshabit, also der Parade-Uniform bzw. Paradetracht, auf Papier.

Weitere Ideen sind gern gesehen. Wenn die Zeit und Umstände es zulassen, kommt da in Zukunft sicher noch die ein oder andere Folge. Ich lasse es euch wissen.
Natürlich sind meine Ohren auch offen für Anregungen und Kritik. Schreibt diese gern über meine Seite bergbaukultour.com oder auf Facebook oder Instagram.
Macht‘s gut und Glück auf!


[1] Siehe: Heilfurth, Gerhard: Das Bergmannslied, Kassel u.a. 1954, S. 210, zitiert in: Neuber, Heino: „Glück auf! Der Steiger kommt.“ Allerlei zur Geschichte und Bedeutung eines sächsischen Volksliedes (= Schriftenreihe des Sächsischen Berg- und Hüttenwesen, Bd. 1), Stollberg/Erz. 2020, S. XIX.

[2] Vgl. Immaterielles Kulturerbe: Steigerlied und Trinkhallenkultur werden in Landesinventar aufgenommen (https://www.land.nrw/de/pressemitteilung/immaterielles-kulturerbe-steigerlied-und-trinkhallenkultur-werden-landesinventar, eingesehen: 12.2.2021).

[3] Vgl. Geisthövel, Alexa / Mrozek, Bodo (Hg.): Popgeschichte. Band 1: Konzepte und Methoden, Bielefeld 2014.

[4] Vgl. Neuber, Glück auf!, S. 14.

[5] Vgl. Ebd.; S. 1-8.

[6] Vgl. Neuber, Glück auf!,, S. 9-16.

[7] Vgl. Neuber, Glück auf!, S. 17-34.

[8] Vgl. Ebd., S. 17.

[9] Vgl. Ebd., S. 20.

[10] Vgl. Ebd. S. 21.

[11] Vgl. Ebd.

[12] Vgl. Ebd., S. 35-42.

[13] Vgl. Ebd., S. 35-42.

[14] Tafelbild 25-29, in: Ebd.

[15] Vgl. Ebd., S. 43-46.

[16] Vgl. Ebd., S. 44.

[17] Vgl. Neuber, S. 43.

[18] Vgl. Ebd., S. 47-56.

[19] Vgl. Ebd., S. 50.

[20] Vgl. Ebd., S. 57-62.

[21] Vgl. Ebd., S. 60.

[22] Vgl. Ebd., S. 61-62.

[23] Vgl. Ebd., S. 63-71

[24] Vgl. Ebd., S. 65.

[25] Vgl. Ebd., S. 67.

[26] Vgl. Ebd., S. 68-70.

[27] Vgl. Ebd., S. 72-75.

[28] Vgl. Ebd. S. 72.

[29] Vgl. Ebd., S. 76-83.

[30] Vgl. Ebd., S. 84-85.